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Jaarboek Thomas Instituut 2006 - Thomas Instituut te Utrecht

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REL/GIO ALS ZUWENDUNG 67<br />

niedrig/hoch, ErdelHimmel - in andere Bereiche versetzt worden sei.<br />

Es gäbe dernnach keinen einfachen Gegensatz zwischen Religion<br />

und Säkularisierung. In der Moderne s<strong>te</strong>he zwar bei den<br />

Grundkonzep<strong>te</strong>n das wichtige Theorem des autonomen Ichs und der<br />

Selbstfundierung an ers<strong>te</strong>r S<strong>te</strong>lle. Das besage aber nicht, dass die<br />

Moderne nicht vom Erbe der Religion lebe, wenn auch in versetz<strong>te</strong>n<br />

Ka<strong>te</strong>gorien.<br />

Die daran anschlief3endeThese Marcel Gauchets ist bekannt<br />

geworden: die christliche Religion hat die Ausreise aus der Religion<br />

ermöglicht. Die Transzendenz wurde von Gott auf einen anderen<br />

Pol, den Staat, übertragen. lO Das sei eine säkularisier<strong>te</strong> Religion. II<br />

Eine andere Hypothese wird aber auch hervorgehoben: Es<br />

gäbe im Grunde eine Konkurrenz zwischen Religion und<br />

Säkularisierung. Oft ist es eine historische und soziologische<br />

Hypothese: je mehr selbstfundierende Rationalität, desto weniger<br />

Got<strong>te</strong>sglauben. Religion sei ein sich zurückziehendes Phänomen, das<br />

aufs Verschwinden hinauslaufe.V Die einzige effektive<br />

Gegenstra<strong>te</strong>gie bie<strong>te</strong> eine neue ausgepräg<strong>te</strong> Bekenntnisfreudigkeit. 13<br />

Wie Olivier Roy bemerkt, ist dies eine These, die nicht von<br />

der Religion ausgeht: nicht die Gläubigen formulieren es so, sondern<br />

Historiker und Soziologen. 1m FaIle der in Frankreich offiziell<br />

herrschenden radikalen Varian<strong>te</strong> dieser Säkularisierungsaufassung,<br />

der laïcité, wird die These nicht von der Philosophie, sondern sogar<br />

vom (positiven) Gesetz bestimmt. 14 Die Sphäre der Religion wird<br />

von der politischen Sphäre getrennt, wobei die Religion als privat<br />

wahrgenommen wird. Sie ist eventuell von Nutzen, aber eben nur<br />

un<strong>te</strong>r gewissen Bedingungen und nur als nützlich für andere<br />

Bereiche. Religion kann zum Beispiel motivationsfördernd sein urn<br />

das soziale Gewebe zu stärken oder der Sittlichkeit Hilfe zu leis<strong>te</strong>n.<br />

Diese Funktionen werden aber nie un<strong>te</strong>r eigenen, der Religion selbst<br />

10 M. Gauchet, Le dèsenchan<strong>te</strong>ment du monde, Paris 1983.<br />

II Der Ausdruck der Entzauberung, die Gauchet benutzt, stammt von Max<br />

Weber, der es wieder von Schiller übemommen hat: J.-Cl. Monod, La<br />

quere/le de la secularisation de Hegel à Blumenberg, Paris 2002, 105.<br />

12 Ibid., 103.<br />

J3 H. Lübbe, Politik nach der Aufklärung, München 2001, 66:<br />

.Profilverschärfung durch neue Bekenntnisfreudigkeit mi! ihren zugehörigen<br />

Un<strong>te</strong>rscheidungs- und Abgrenzungswirkungen".<br />

14 O. Roy, La laïcitéface à I 'Islam, Paris 2005, 20.

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