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Jaarboek Thomas Instituut 2006 - Thomas Instituut te Utrecht

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68 FRANS J.H. VOSMAN<br />

entnommenen Voraussetzungen gedacht. Die Politik s<strong>te</strong>llt die<br />

Voraussetzungen auf: über Wer<strong>te</strong> kann man sich strei<strong>te</strong>n, oder<br />

eventuell gemeinsame Wer<strong>te</strong> suchen. Die Religion darf dabei<br />

behilflich ein, wobei aber an den Regeln des.Spiels der Politik nicht<br />

gerüt<strong>te</strong>lt werden kann." Roy verur<strong>te</strong>ilt, dass nie auf den Inhalt der<br />

Religionen geach<strong>te</strong>t wird und die Ansich<strong>te</strong>n der Gläubigen selbst<br />

bezüglich der Politik - er zielt auf Chris<strong>te</strong>nturn und Islam - nicht<br />

berücksichtigt werden, obwohl die Politik somit über die Religion<br />

herrscht. Religion wird irnaginär, zeitlos gemacht und abstrahiert.<br />

Das ist gefährlich, so hat es sich mit Samuel Huntingtons Aufsehen<br />

erregenden Buch Clash of Civilisations and the Remaking of World<br />

Order (1996) erwiesen. Huntington mein<strong>te</strong>, es gäbe eine direk<strong>te</strong><br />

Beziehung zwischen dem Dogma einer Religion und einem<br />

politischen Sys<strong>te</strong>m, und zwar in der Kultur, ob es nun ,die'<br />

christliche oder ,die' islamitische Kultur iSt.16 Sowohl Chris<strong>te</strong>nturn<br />

als Islam würden als Kultur das soziale Leben bestimmen. Diese ahistorische<br />

Sichtweise lässt die Religion erstarren, übersieht<br />

theologische Perspektiven und faktische Praxen des<br />

Zusammenlebens. Weder die Dogmen (,Religion pur'), noch eine<br />

Kultur, in der eine Religion lebt oder gelebt hat, sind laut Roy Inhalt<br />

einer Religion.<br />

Hermann Lübbes These zur Säkularisierung geht dagegen<br />

gerade davon aus, dass Säkularisierung das Tor öffnet fur die<br />

Religion, und zwar nicht als Wer<strong>te</strong>lieferant, nicht weil sie<br />

funktionsfähig und nützlich ist, sondern eben als Religion. Religion<br />

ermögliche es, die Kontingenz, das was nicht manipulierbar ist,<br />

anzuerkennen. Religion sei Anerkennung desjenigen, was es einfach<br />

gibt, das sich nicht in irgendein Sys<strong>te</strong>m aufnehmen lässt, und zwar<br />

im Modus der Vorbehaltlosigkeit.l" Wenn man den Gedanken<br />

vertritt, dass Tragik, Krankheit, Tod, Glück, Fremdheit auf die Dauer<br />

vielleicht ohnehin der Macht menschlichen HandeIns zufallen<br />

könn<strong>te</strong>n oder dieser Macht eigentlich un<strong>te</strong>rgeordnet werden soll<strong>te</strong>n,<br />

dann bedeu<strong>te</strong>t das, dass man bereits von der Anerkennung solcher<br />

Realitä<strong>te</strong>n Abstand genommen hat. Damit distanziert Lübbe sich van<br />

Weber und Gauchet: Säkularisierung ermöglicht eben seines<br />

15 Ibid., 44 und 68.<br />

16 Ibid., 100 und 102-105.<br />

17 Religion sei säkulierungsresis<strong>te</strong>nt und durch nichts anderes zu ersetzen. H.<br />

Lübbe, Modernisierung und Folgelas<strong>te</strong>n, Berlin 1997,203-209.

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