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Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

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<strong>Modellprojekt</strong> <strong>ESCAPE</strong><br />

Der Kontakt und das Verhältnis der Institutionen untereinander unterscheidet sich in den einzelnen<br />

Modellstandorten. So lässt sich betreffend der Intensität und Komplexität der Kontakte zwischen<br />

Auerbach, Riesa und Dresden ein Gefälle beobachten. Der Umgang mit delinquenten<br />

Kindern im kleinstädtischen Milieu gestaltet sich relativ unkompliziert, da die Anzahl der kindlichen<br />

Täter sich in einem überschaubaren Rahmen hält und auch die räumliche Distanz zwischen<br />

den einzelnen Institutionen nicht allzu groß ist. Zudem kennen sich die Vertreter dieser<br />

Institutionen oft persönlich. Betrachtet man dagegen die Vermittlungswege und die Kooperation<br />

in Dresden, so wird deutlich, dass das System der beteiligten Personen und Institutionen hier<br />

weitaus komplexer ist. Die institutionelle Einbindung und Akzeptanz von <strong>ESCAPE</strong> gestaltete<br />

sich von daher umso schwieriger, je komplexer die regionalen Strukturen der Institutionen ausgeprägt<br />

waren.<br />

Bei aller Unterschiedlichkeit der Institutionen wird Kinderdelinquenz übereinstimmend als<br />

Symptom tieferer Problemlagen verstanden, wobei auf ungenutzte Ressourcen der Kooperation<br />

und Prävention sowie auf die mangelnde Gewährleistung einer fördernden Umwelt für das Aufwachsen<br />

von Kindern hingewiesen wird. Die Verbesserung der Kooperation wurde von allen<br />

Befragten als wichtig erachtet. Insgesamt konnte das <strong>Modellprojekt</strong> zu einer Intensivierung der<br />

Zusammenarbeit zwischen den Institutionen beitragen.<br />

Vermittlungswege (1): Polizei - Jugendamt - <strong>ESCAPE</strong><br />

Der zentrale Vermittlungsweg erfolgt von der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft über das Jugendamt,<br />

insbesondere dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), ins <strong>Modellprojekt</strong> <strong>ESCAPE</strong>. Dabei<br />

hat das Jugendamt eine Schlüsselrolle mit Vermittlerfunktion, da dort alle Informationen über<br />

delinquente Kinder zusammenlaufen und Hilfebedarfe aufgedeckt werden. Der in der Studie<br />

des Deutschen Jugendinstituts (DJI 1999a) beschriebene Ermessensspielraum und die heterogenen<br />

Verfahrensweisen zwischen Polizei und Jugendhilfe fanden sich auch in den drei Modellstandorten<br />

wieder. Vergleicht man die Institutionen in ihrer Reaktion auf delinquentes Verhalten<br />

von Kindern, lassen sich trotz aller Unterschiedlichkeit Gemeinsamkeiten und Handlungsroutinen<br />

erkennen:<br />

Auf die Mehrheit der Fälle von abweichendem oder delinquentem Verhalten von Kindern reagieren<br />

die Institutionen nicht, oder ohne zusätzliche Anstrengungen. Die Institutionen arbeiten<br />

dann an einem aktuellen Fall, ohne eine andere Institution in die Bearbeitung einzubeziehen<br />

und Informationen auszutauschen. Diese Verfahrensweise betrifft die Gruppe der so genannten<br />

Ersttäter, die mit einmaligen und leichten Delikten im Bagatellbereich auffallen, und deren Delinquenz<br />

als episodenhaftes Verhalten interpretiert wird. Die Polizei sendet diese Vorfälle oft gar<br />

nicht erst an den ASD weiter, sondern bewertet das Gespräch mit dem Kind und dessen Eltern<br />

als ausreichend. Erhält der ASD dennoch eine Nachricht von der Polizei, werden die Informationen<br />

oft nur zur Kenntnis genommen, ohne weitere Schritte zu unternehmen.<br />

Treten dagegen Kinder mehrfach und massiv delinquent in Erscheinung, mobilisieren die Institutionen<br />

die verfügbaren Mittel und es kommt in der Regel zur Zusammenarbeit. Oft sind die<br />

Kinder und deren <strong>Familie</strong>n der Jugendhilfe und der Polizei schon bekannt. Zum Teil bestehen<br />

zu den <strong>Familie</strong>n bereits Betreuungsverhältnisse (z.B. Hilfen zur Erziehung), dort wird bei einem<br />

der nächsten Treffen das Delikt besprochen. Andere <strong>Familie</strong>n verweigern sich trotz Hilfebedarf<br />

den Angeboten und bagatellisieren das Verhalten ihrer Kinder. Schwer einzuschätzen sind die<br />

bisher unbekannten <strong>Familie</strong>n und die so genannten „Kippkonstellationen“ (DJI 1999a: 68), bei<br />

denen die Zahl der polizeilichen Ermittlungen das übliche Maß an geringfügiger, alterstypischer<br />

Delinquenz überschreitet bzw. zu überschreiten droht.<br />

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