27.02.2013 Aufrufe

Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Modellprojekt</strong> <strong>ESCAPE</strong><br />

innerhalb der Clique als „normal“ empfunden, so dass das Begehen von Delikten plötzlich als<br />

erwünschte Verhaltensweise erscheinen kann. Geraten solche Haltungen mit konformen Orientierungen<br />

in Konflikt, so kann dies zu Verwirrung und zu Schuldgefühlen führen, wie im folgenden<br />

Beispiel.<br />

B: [...] da waren wir auf dem Abenteuerspielplatz und da war noch so ein Kumpel, das<br />

war abends so um fünf - naja, da hatten wir Langeweile und da haben wir Mülltonnen<br />

runtergehauen und da ist das Büro beschädigt worden und 'ne Mauer und da [...] sind<br />

wir dann abgehauen und da haben wir das wieder gemacht naja [...] und auf jeden Fall<br />

kam dann die Polizei hat uns die Fingerabdrücke gemacht und, ja - [...] Da war ich<br />

auch ganz schön blind. [...] Weil ich da auch Mist gebaut hab, weil das soll eigentlich<br />

nicht sein, also dass das ja eigentlich Scheiße ist, dass ich das überhaupt nicht machen<br />

dürfte.<br />

Wenn es um die Erfahrung der Kinder mit Angeboten der Jugendhilfe ging, stand nicht der institutionelle<br />

Rahmen von Jugendamt, Hilfen und Maßnahmen im Vordergrund – meist war ihnen<br />

dieser Zusammenhang kaum bewusst. Wichtiger war, ob die Angebote “Spaß machen“ und eine<br />

brauchbare Unterstützung darstellen. Das Heim als familientrennende Maßnahme wird<br />

durchweg abgelehnt und vor allem in einem Kontext von Drohung und Strafe wahrgenommen.<br />

Nur vorübergehende, zeitlich absehbare Heimaufenthalte erscheinen aus dieser Sicht als nicht<br />

ängstigend und akzeptabel.<br />

Dass das <strong>ESCAPE</strong>-Programm von den Kindern insgesamt sehr positiv erlebt wurde, lässt sich<br />

aufgrund der von ihnen geäußerten Einschätzungen auf folgende Faktoren zurückführen:<br />

� die Entscheidung für die Teilnahme wurde als freiwillig wahrgenommen<br />

� das Programm wurde als eine Form der Freizeitgestaltung und nicht der Freizeitbeschränkung<br />

gesehen<br />

� das Thema „Delinquenz“ stand nicht im Vordergrund der pädagogischen Arbeit<br />

Zum Schluss dieses Abschnitts sollen zwei Antworten auf die Frage wiedergegeben werden,<br />

wie sich die Befragten ihre Zukunft als Erwachsene vorstellen.<br />

(1) I: Und wenn du jetzt [...] drei Wünsche frei hättest was würdest du denn dann machen?<br />

B: Würd ich mir ein Auto wünschen und ein Haus und - was würd' ich mir noch wünschen?<br />

(2) I: Und wie stellst du dir das vor wenn du mal älter bist, so 20 oder so, wenn du mal<br />

erwachsen bist, hast du da irgendwelche Ziele?<br />

A: <strong>Familie</strong> gründen, arbeiten gehen - und leben.<br />

I: Und leben; und wie leben?<br />

A: Ohne Scheiße zu bauen, ganz sauberes Leben.<br />

Die Antworten der Jungen zeigen, dass sie sich an durchaus realistischen, sozial erwünschten<br />

Zukunftsvorstellungen orientieren – deliktfrei und mit dem Ziel, anerkannten Werten zu genügen.<br />

5.4.3 Fallbeispiele<br />

Exemplarisch sollen im folgenden einige Fallbeispiele herausgegriffen werden, die das breite<br />

Spektrum von Anforderungen an die pädagogische Arbeit von <strong>ESCAPE</strong> verdeutlichen und<br />

zugleich den komplexen Problemhintergrund veranschaulichen, mit dem es die Mitarbeiter des<br />

Projekts oft zu tun hatten. Es handelt sich um drei Jungen und ein Mädchen, die in sehr unterschiedlichen<br />

persönlichen und familiären Bedingungen aufgewachsen sind. Aber auch Ähnlichkeiten<br />

werden in den vier Kurzporträts deutlich. Lukas wies unter den von <strong>ESCAPE</strong> betreuten<br />

Kindern mit 28 Delikten (davon 24 in der Gruppe begangen) die weitaus höchste Delinquenzbelastung<br />

auf. Die familiäre Situation war in seinem Fall so schwierig, dass noch während seiner<br />

Teilnahme an <strong>ESCAPE</strong> eine Heimunterbringung erforderlich wurde. Albert war eines von insgesamt<br />

drei Kindern mit Migrationshintergrund, die von <strong>ESCAPE</strong> betreut wurden. Da seine Mutter<br />

43

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!