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Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

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EVALUATIONSBERICHT<br />

5.4 KLIENTEL: Die Kinder und ihr Umfeld – Problemsituationen, Wahrnehmungen,<br />

Verhaltensmuster<br />

Die Untersuchungen zur Klientel des Projekts zielten auf die Beschreibung der Kinder und ihres<br />

sozialen Umfelds sowie auf die Erfahrungen mit Institutionen der Jugendhilfe. Unter welchen<br />

Bedingungen leben die Kinder? Konnte <strong>ESCAPE</strong> die intendierte Zielgruppe erreichen? Dabei<br />

interessierten sowohl objektive Daten als auch die Sichtweisen der Kinder selbst, der Eltern und<br />

Sozialpädagogen. Von über 50 Kindern wurden im Projektverlauf Fallgeschichten erhoben, in<br />

denen spezifische individuelle Lebensumstände, aber auch übergreifende familiäre und soziale<br />

Problemkonstellationen zum Ausdruck kommen. Weitere Einblicke vermittelten die qualitativen<br />

Interviews mit teilnehmenden Kindern, in denen versucht wurde, Bedingungen des Aufwachens,<br />

soziobiografische Belastungen, Zukunftsvorstellungen sowie Selbst- und Fremdbilder herauszuarbeiten.<br />

Die nachfolgende Darstellung beginnt mit allgemeinen Informationen über die Klientel<br />

des Projekts, wobei sie sich auf die wichtigsten Belastungsfaktoren im Leben der Kinder<br />

konzentriert. Dann wendet sich einer Reihe von Gesprächsauszügen aus Interviews mit Kindern<br />

zu. Den Abschluss bilden vier ausführlich wiedergegebene Fallbeispiele. Anhand dieser exemplarischen<br />

Auszüge aus dem qualitativen Projektmaterial sollen sowohl die subjektiven Wahrnehmungen<br />

der Kinder verdeutlicht als auch die Problemkonstellationen beschrieben werden,<br />

denen sie im Hinblick auf <strong>Familie</strong>, Gleichaltrigengruppe, Schule und Jugendhilfe unterliegen.<br />

5.4.1 Belastungsfaktoren<br />

Die Kinder im Projekt waren in der Altersspanne zwischen 8 und 14 Jahren und in der Regel<br />

bereits mehrfach im Hell- oder im Dunkelfeld durch straftatrelevantes Verhalten aufgefallen. Am<br />

häufigsten vertreten waren Zwölf- und Dreizehnjährige. Der Altersdurchschnitt der Kinder lag<br />

bei 12,1 Jahren. Ausgehend von den 27 im Polizeilichen Auskunftssystem (PASS) zur Erfassung<br />

personenbezogener Daten registrierten Kindern, lag die Delikthäufigkeit zwischen einer<br />

und 28 strafbaren Handlungen. Sieben Kinder waren mit neun und mehr Delikten registriert.<br />

Von den insgesamt 158 begangenen Delikten wurden 64% in der Gruppe verübt (vgl. Kap.<br />

5.6.1). Hinsichtlich der Deliktarten handelt es sich überwiegend um Ladendiebstahl bzw. Diebstahl<br />

ohne erschwerende Umstände (44,3%). Ein Anteil von 20,9% der Delikte waren Sachbeschädigung,<br />

15,8% Diebstahl unter erschwerenden Umständen und 7,6 % Körperverletzung.<br />

Wie groß das „Dunkelfeld“ nicht bekannt gewordener Delikte bei diesen Kindern war, lässt sich<br />

nicht einschätzen. Es hat sich gezeigt, dass es sich bei den von <strong>ESCAPE</strong> betreuten Kindern<br />

überwiegend um eine geringe bis mittlere Delinquenzbelastung handelte. Insgesamt waren es<br />

weniger die Intensität und die Anzahl der begangenen Delikte, sondern die dahinter liegenden<br />

familiären und soziobiografischen Belastungen, die Institutionen wie den Allgemeinen Sozialen<br />

Dienst (ASD) dazu veranlassten, Kinder ins Projekt zu vermitteln.<br />

Diese Einschätzung wird auch durch die im Projektverlauf durchgeführten Fallstudien über die<br />

betreuten Kinder und ihre <strong>Familie</strong>n bestätigt. Sie ergaben, dass <strong>ESCAPE</strong> überwiegend erheblich<br />

belastete Kinder mit erhöhtem Hilfebedarf erreichte. Die durchschnittliche Risikobelastung<br />

der Kinder im Projekt lag in den untersuchten Merkmalen deutlich höher als die durchschnittliche<br />

Risikobelastung gleichaltriger Kinder im <strong>Freistaat</strong> <strong>Sachsen</strong> bzw. in der Bundesrepublik. Erhöhte<br />

Problembelastungen lagen insbesondere in den Lebensbereichen <strong>Familie</strong> und Schule<br />

vor. Zu den familiären Belastungsfaktoren gehören der hohe Anteil allein erziehender Mütter<br />

(und damit in vielen Fällen auch der fehlende Vaterbezug), problematische Stiefelternkonstellationen,<br />

der geringe sozioökonomische Status und das geringe Bildungsniveau der Eltern, Überforderung<br />

der <strong>Familie</strong> oder auch ambivalente Eltern-Kind-Beziehungen. Einige Kinder hatten Erfahrungen<br />

mit Gewalt und alkoholkranken Müttern bzw. Vätern.<br />

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