Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen
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EVALUATIONSBERICHT<br />
ändert, pünktlicher wird, sich an verabredete Regeln hält und im Kontakt mit Gleichaltrigen<br />
selbständiger wird.<br />
Belastungsfaktoren und unterstützende Bedingungen halten sich in diesem Beispiel (noch) die<br />
Waage. Belastend wirken die nicht verarbeitete Trennung der Eltern, die Einflüsse einer Clique,<br />
die vor allem aus Älteren besteht und Christiane mit riskanten Verhaltensweisen konfrontiert,<br />
nicht zuletzt aber auch die Trennung von Lebensort und Schule. Letztere bringt nicht nur weite<br />
Schulwege mit sich, sondern führt auch zu einer Trennung der Lebenskreise, in denen sich<br />
Christiane bewegt – Schule und Freizeit fallen weit auseinander. Positiv erscheint demgegenüber<br />
die verlässliche Beziehung zur Mutter, die sich um Christianes Erziehung kümmert und<br />
nach konkreter Unterstützung sucht. Hier liegt zugleich die Chance für <strong>ESCAPE</strong>. Die Mitarbeiter<br />
versuchen, Christiane an ihrem Wohnort in eine Mädchengruppe einzubeziehen und auf diese<br />
Weise einen regionalen Bezug herzustellen.<br />
Arnd<br />
Arnd war dreizehn Jahre alt, als er zu <strong>ESCAPE</strong> kam. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder<br />
wuchs er bei seiner Mutter auf, die das alleinige Sorgerecht für die Kinder hat. Zur <strong>Familie</strong> von<br />
Arnd gehört auch noch ein älterer Bruder, der jedoch nicht mehr im Haushalt lebt. Die Mutter ist<br />
zum vierten Mal verheiratet, Arnds Stiefvater ist der Vater des jüngsten Bruders. Da Mutter und<br />
Stiefvater beide arbeitslos sind, muss die <strong>Familie</strong> von der Arbeitslosenhilfe der Mutter und der<br />
Sozialhilfe des Stiefvaters leben. Mit ihren Wohnbedingungen ist die <strong>Familie</strong> sehr unzufrieden.<br />
Über den Stiefvater wird berichtet, dass er über längere Zeit ein Alkoholproblem hatte, dieses<br />
aber inzwischen im Griff hat. Die Beziehung zwischen Sohn und Mutter wird als sehr gut, die<br />
zwischen Arnd und seinem Stiefvater als wechselhaft beschrieben. Zuweilen hat er den Jungen<br />
mit längerem Hausarrest bestraft. Die Mutter setzt sich sehr für ihren Sohn ein und versucht ihm<br />
bei der Lösung von Problemen zu helfen. Über die problematischen Verhaltensweisen des Jungen<br />
äußert sie sich nachsichtig („macht nichts, ich hab auch Scheiße gebaut“) – dies gehöre in<br />
seinem Alter dazu. Arnd selbst ärgert sich oft über seinen kleinen Bruder, weil er so frech zu<br />
den Eltern ist. Wenn es ihm reicht, kommt es zwischen beiden zu Rangeleien, in denen der<br />
Bruder ab und zu auch mal „eine abkriegt“.<br />
Arnd besucht die 7. Klasse der Realschule, geht gern zur Schule und erzielt dort befriedigende<br />
Leistungen. Er musste jedoch schon einmal die Schule wechseln, weil er sich auf der alten<br />
Schule oft mit einem anderen Jungen geprügelt hatte und gemeinsam mit ihm auch schon polizeilich<br />
auffällig geworden war. Arnd lässt sich sehr schnell provozieren, so dass es schnell zu<br />
Rangeleien und Prügeleien mit ihm kommt. Auf seiner neuen Schule ist Arnd bis jetzt aber nur<br />
einmal geringfügig auffällig geworden - er ritzte ein „A“ in die Tischplatte. Nach Angaben der<br />
Mutter gibt es momentan keine Probleme mit ihm. In seiner Freizeit ist Arnd im Fußballverein<br />
aktiv, ist mit seiner Clique unterwegs und läuft Inline-Skates.<br />
Mit der Polizei hatte Arnd dreimal Kontakt – alle drei Ereignisse liegen jedoch in der Zeit vor<br />
seinem Schulwechsel. Einmal ging es um Sachbeschädigung, wobei Arnd selbst sagt, er habe<br />
nur Schmiere gestanden; ein anderes Mal um Diebstahl – auch da behauptet er, nur auf die anderen<br />
gewartet zu haben; in einem Fall schließlich um Körperverletzung. Zwei dieser Delikte<br />
aus der Zeit vor der Projektteilnahme des Jungen wurden vom LKA registriert.<br />
Als Arnd zu <strong>ESCAPE</strong> kommt, ist er sich seiner Probleme schon bewusst. Er hat sich selbst zum<br />
Ziel gesetzt, in der Schule besser zu werden und keine Kontakte mehr zur Polizei zu haben.<br />
Sein Verhalten im Unterricht soll sich verbessern, und über <strong>ESCAPE</strong> äußert er sich positiv, weil<br />
ihm hier die Möglichkeit gegeben wird, seine Zeit sinnvoll zu verbringen. Von seiner beruflichen<br />
Zukunft hat Arnd klare Vorstellungen - er sieht sich in einer Karriere als Fußballprofi oder<br />
Gourmetkoch.<br />
Auch dieses letzte Beispiel zeigt eine Konstellation, in der durch die Teilnahme an <strong>ESCAPE</strong> eine<br />
Stabilisierung erreicht werden kann. Während der sechs Monate, in denen der Junge durch<br />
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