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Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

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EVALUATIONSBERICHT<br />

Im folgenden Gesprächsauszug geht es darum, dass die Eltern sich an die Polizeikontakte des<br />

Kindes bereits „gewöhnt“ haben:<br />

A: Na, nach 'ner Zeit lang sind die Eltern dran gewöhnt. Da erschrecken die gar nicht<br />

mehr wenn's heißt ‘Guten Tag, Polizeirevier da und da. Wir haben ihren Sohn bei uns<br />

auf der Wache sitzen', da sagen die dann 'na toll, schon wieder'. Aber, wie gesagt,<br />

nach 'ner Zeit. Aber die erste Zeit war's auch 'oh, nee'. Hab ich auch Ärger abgekriegt<br />

aber ich mein, meine Eltern waren auch dran gewöhnt, dass ich ständig mit den Bullen<br />

zu tun hab.<br />

Ein weiterer zentraler Ort im Alltag der Kinder ist die Schule. Dass sie für ihr späteres Leben<br />

große Bedeutung besitzt, ist ihnen zumeist bewusst, auch wenn sie sie vor allem aus dem<br />

Blickwinkel von Problemen und Frustrationen erleben. Schwierigkeiten können sich aus Leistungsanforderungen<br />

ergeben, denen sie sich nicht gewachsen fühlen, oder aus Konflikten, die<br />

sich zu lange aufgestaut haben. Auf Überforderung in der Schule reagieren sie oft mit Rückzug<br />

oder Flucht. Schulbummelei und Schulverweigerung sind daher ernstzunehmende Signale für<br />

unbewältigte Probleme der Kinder, die nicht selten auch delinquente Verhaltensweisen nach<br />

sich ziehen.<br />

A: [...] in der Schulzeit, also wie gesagt, die ersten paar Jahre bin ich gegangen und<br />

dann kam aber die Zeit, wo ich einfach aufgestanden bin und wo anders hingegangen<br />

bin mit Kumpels abgehangen. Wir haben uns frühs getroffen. Statt Schule sind wir<br />

woanders hingegangen, klauen oder so was, [...] das machte mir früher mehr Spaß als<br />

Schule...(Erst) hab ich gute Leistungen gebracht aber so dann – dritte, vierte Klasse<br />

[...] fing ich dann an, langsam auf die Schule keinen Bock mehr zu haben, bin öfters<br />

nicht gegangen, was heißt öfters, so gut wie gar nicht dann mehr gegangen naja dann<br />

haben sie's dann nicht mitgemacht natürlich und dann bin ich dann wieder 'ne Weile<br />

gegangen und dann bin ich wieder nicht gegangen. [...] Naja, das war langweilig in der<br />

Schule, ich mein, dort hat's mir überhaupt kein Spaß gemacht. Ich fand's blöd in der<br />

Schule.<br />

Als Grund für seine beginnende Schulverweigerung nennt der Junge hier vor allem Langeweile<br />

(„keinen Bock mehr, kein Spaß, blöd“). Heute besucht er, mit bedingt durch seine Teilnahme an<br />

<strong>ESCAPE</strong>, den Unterricht wieder regelmäßig. In anderen Fällen hängt die Ablehnung des Unterrichts<br />

zusätzlich mit dem Erleben ständiger Überforderung zusammen.<br />

B: Manchmal hatten wir Probleme. Manchmal hatte ich keine Lust gehabt, mit Unterricht<br />

zu machen. Bin ich dann raus. [...] Also, ich bin dann raus aus dem --- nicht aus<br />

dem Schulgelände, ich bin dann raus aus dem [...] dem Haus bloß an die Tür, hab<br />

mich hingesetzt und dann kam die Lehrerin hat gesagt 'Kommste bitte mit wieder rein'.<br />

Hab ich gesagt 'nö' und da haben die gesagt 'Gut, da tu ich nen Eintrag eintragen'. Da<br />

hab ich gesagt 'Könn sie machen wenn sie wollen. Ich zerrupps eh' und dann haben<br />

die gesagt - und haben sie dann angerufen. Da haben meine Eltern mich abgeholt und<br />

dann gab's auch ziemlich Ärger.<br />

I: Mm, und warum bist du da raus?<br />

B: Weil ich dann irgendwie keine Lust mehr hatte mit Lernen, weil das dann so langweilig<br />

war und - keinen Bock mehr gehabt. [...] Naja, bei Mathe da - da hab ich auch<br />

manchmal Schwierigkeiten mit Bruchrechnung und so.<br />

Im folgenden Fall geht es um einen Jungen, der Schwierigkeiten mit seinen Mitschülern und,<br />

wie in der zitierten Passage, auch mit seiner Lehrerin hat.<br />

D: Hm, da hat Frau P. mit mir Schwierigkeiten gehabt. Nämlich da gab's mit uns Streit.<br />

Sonst haben wir uns immer gern gehabt. [...] Und wo sie mich angeschrieen hat, das<br />

war mir zu viel und dann die letzte Stunde bin ich abgehauen und da hat sie abends<br />

angerufen und hat sich entschuldigt. Und am nächsten Tag sind wir wieder Freunde<br />

geworden.<br />

Was die Gruppenorientierungen der befragten Jungen betrifft, so ging es dabei in einigen Fällen<br />

um Sichtweisen, die sich als Ergebnis starken Gruppendrucks verstehen lassen und auf eine<br />

Neutralisierung von Schuldgefühlen hinauslaufen. Da in der Gruppe Normen gelten, die abweichendes<br />

Verhalten unter Umständen dulden oder sogar gutheißen, werden Normverletzungen<br />

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