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Modellprojekt ESCAPE - Familie - Freistaat Sachsen

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<strong>Modellprojekt</strong> <strong>ESCAPE</strong><br />

Wie die Übersicht zeigt, stammen die von <strong>ESCAPE</strong> betreuten Kinder in weit überproportionalem<br />

Maße (48%) aus Haushalten von Alleinerziehenden – in der Mehrzahl alleinerziehende Mütter.<br />

Aus den Unterlagen geht hervor, dass 42% der Kinder in der momentanen Situation ohne Vater<br />

aufwachsen. Mit 2,6 Kindern pro <strong>Familie</strong> liegt die durchschnittliche Anzahl über dem Bundesdurchschnitt.<br />

In 24% der Fälle leben die Kinder in Stiefelternfamilien. Der Anteil von Kindern aus<br />

Haushalten, die infolge von Arbeitslosigkeit besonderen Belastungen ausgesetzt sind, liegt mit<br />

40% weit mehr als doppelt so hoch wie in der sächsischen Normalpopulation (18.5%). Auffällig<br />

ist weiterhin der mit 40% sehr hohe Anteil von Förderschülern innerhalb der Klientel von<br />

<strong>ESCAPE</strong>, wobei der überwiegende Teil aus dem Lernbehindertenbereich kommt. Hoch ist weiterhin<br />

der Anteil von ca. einem Drittel der Kinder, die mindestens eine Klassenwiederholung<br />

aufwiesen. Auffällig ist zudem, dass 81% dieser Klassenwiederholungen bereits in der Grundschule<br />

erfolgten. Schon diese Hinweise zeigen die besondere Bedeutung des schulischen Umfelds<br />

und verweisen auf die Notwendigkeit einer gezielten Kooperation von Jugendhilfe und<br />

Schule zur Verbesserung der Früherkennung von Problementwicklungen und zur Frühförderung.<br />

Zu beachten ist nicht zuletzt, dass für ein Fünftel der Kinder bereits Kontakte zur Kinder-<br />

und Jugendpsychiatrie angegeben wurden.<br />

5.4.2 Die Sicht der Kinder<br />

Um einen Zugang zu den Sichtweisen der Kinder zu finden, war es wichtig, eine Gesprächssituation<br />

herzustellen, bei der nicht der Komplex „Delinquenz und Defizite“, sondern Alltagserfahrungen<br />

im Vordergrund standen. Ungeachtet dessen waren es in diesen Gesprächen oft die<br />

Kinder selbst, die von sich aus auf ihre Delikte zu sprechen kamen und zum Teil sehr persönliche<br />

Einzelheiten aus ihrem Leben erzählten, sobald in der Interviewsituation eine Vertrauensbasis<br />

hergestellt war. Bei den Gesprächen handelte es sich um Leitfadeninterviews mit narrativen<br />

Gesprächssequenzen, die sich auf die zentralen Themenbereiche <strong>Familie</strong>, Gleichaltrigengruppe,<br />

Schule und Jugendhilfe bezogen. Die nachfolgenden Aussagen können nicht die gesamte<br />

Bandbreite der in diesen Interviews angesprochenen Fragen wiedergeben, sollen aber in<br />

exemplarischer Form einen Einblick in subjektive Wahrnehmungen und Bewältigungsmuster<br />

der Kinder vermitteln.<br />

Trotz vielfältiger Schwierigkeiten sehen die Kinder die <strong>Familie</strong> als zentralen Lebensort. Im ersten<br />

Beispiel geht es um einen Jungen, der seine alkoholkranke Mutter nach einem Krebsleiden<br />

verliert und bei einer Stieffamilie aufwächst.<br />

B: [...] Also wo wir noch Babys waren [...] da hat meine richtige Mutter hat hier noch<br />

früh nur getrunken und getrunken und da hat sie mir nichts zu Essen gegeben und<br />

nichts zu trinken und [...] da haben wir gepleekt an der Treppe, da sind wir dann zu<br />

unserer Stiefmutter, die wir jetzt haben, sind wir dann hoch haben wir zu Essen gekriegt<br />

und so und meine richtige Mutter, die hat nur getrunken getrunken getrunken<br />

und geraucht und da [...] hat die dann Krebs gehabt und da ist sie auch dann gestorben.<br />

//mm// Und da ham wir jetzt unsere Stiefmutter. Die ist viel besser.<br />

Viele der befragten Kinder beklagen sich darüber, dass es ihnen an einer männlichen Bezugsperson<br />

mangelt – sei es weil die Mutter alleinerziehend ist, die Väter aufgrund beruflicher Verpflichtungen<br />

selten anwesend sind oder die Mutter ständig ihre Partner wechselt.<br />

G: Spielen. Ach so mit meinem Papa hab ich fast gar nichts weil [...] mein Papa arbeitet<br />

und meine Mutti muss ja auf die (Schwester) aufpassen, denn die ist zur Zeit krank.<br />

[...]<br />

A: Naja, die ersten drei Jahre bin ich ständig zur Schule gegangen - und so ab der<br />

vierten Klasse bin ich dann [...] einfach nicht gegangen, hab mein Zimmer zugeschlossen<br />

und weiter geschlafen, weil mein Vater arbeitet ziemlich lang und wenn der frühs<br />

nach Hause kommt, schläft der gleich ein, so müde ist der. //mm// Und ich mein, da<br />

wie soll ich sagen ich hab dann einfach weiter geschlafen [...]<br />

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