Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie
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18 Malayischer Archipel.<br />
Auf den übrigen Inseln des malavischen Archipels dürfen wir<br />
die <strong>Anthropophagie</strong> größtenteils als eingegangen betrachten. Zwar<br />
herrschen dort barbarische Gebräuche, Avie das Kopfschnellen, noch<br />
immer im ausgedehnten Maßstabe, aber Kannibalismus nicht mehr.<br />
Der Malaye zeichnet sich durch Blutdurst aus, ja er ist nach<br />
Müller^ der Kannibale -/xti V%oyr^v\ um so erfreulicher, daß die<br />
Menschenfresserei l)is auf geringe Spuren im Archipel verschwunden<br />
ist. Zu PiGAFETTAS Zeiten scheint sie noch weiter verbreitet ge-<br />
wesen zu sein, denn er führt mehrere zu den Molukken gehörige<br />
Inseln — die sich heute nicht mehr identifizieren lassen — , ferner<br />
das Innere, damals noch von Heiden bewohnte Amboinas, endlich<br />
ßuru an, wo Kannibalen hausen.^ Mit dem Vordringen des Mohamedanismus<br />
ist die <strong>Anthropophagie</strong> auch hier ausgerottet worden.<br />
Einst mag auch bei den Dajaks auf Borneo die Anthropo-<br />
phagie weit verbreitet gewesen sein; heute lassen sich nur verhillt-<br />
nismäßig geringe Spuren derselben nachweisen. Am schlimmsten<br />
scheint es hiermit noch bei den Kajans im Innern zu stehen, Avie<br />
aus dem Zeugnisse Spensee St. Johns hervorgeht. Das Fleisch<br />
eines im Kriege gefallenen Feindes nahmen sie in Körben mit sich,<br />
um es Abends im Lager zu rösten und zu verspeisen. Als 1855<br />
mehrere Muka- Leute in Bintulu hingerichtet wurden, versicherten<br />
einige Kajans sich des Fleisches, das sie brieten und verspeisten.<br />
Perhaps to strike terror into tlieir enemies, sagt unsere Quelle.^<br />
Von den Tring-Dajaks am Mahakkanflusse in Südostborneo<br />
giebt Bock auf das entschiedenste an, daß sie Kannibalen seien.<br />
Augenzeuge ist er indessen nicht gewesen. <strong>Eine</strong> Tringpriesterin<br />
erklärte ihm, daß die innere Fläche der Hände, das Fleisch an<br />
den Knieen und das Gehirn die größten Leckerbissen seien; der<br />
Häuptling des Stammes berichtete, daß sein Volk nicht jeden Tag<br />
Menschentleisch äße, dieses wäre nur ein Festmahl l)ei Schädel-<br />
Jagden.^ Im Verein mit der letzteren Thatsache läßt sich hier<br />
Rachsucht als Motiv des Kannibalismus der Dajaks annehmen.<br />
Von Celebes sagt Bickmore, daß im Innern ein Kopfjägervolk<br />
wohne, welches die Küstenstämme Turaju nennen und das Menschen<br />
fressen soll. Barbosa, dessen Werk 1516 erschien, und der mit<br />
Magalhaes später ermordet wurde, behauptet ähnliches von allen<br />
^ Allgemeine Ethnographie. Wien 1873. 295.<br />
2 PioAFETTA, Erste Keise um die Welt. In M. C. Sprengel „Beitrüge zur<br />
Völker- und Länderkunde". Vierter Teil. Leipzig 1784. 138. 139. 141.<br />
^ Si'EXSER St. John, Forests of the far east. I. 123. 124.<br />
* C. Bock, Unter den Kannibalen auf Borneo. Jena 1882. 152. 153.