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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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46 Victoria. Queensland.<br />

uihalen, machen daraus kein Geheimnis und sprechen davon als von<br />

einer selbstverständlichen Sache, wie sie denn auch die Art und<br />

Weise der Zubereitung des Mahles ganz unbefangen beschreiben."<br />

Nach BucKLEY, den Oberländer citiert, begegnete jener auf seinen<br />

^\^anderungen dem wegen seines Kannibalismus übel berüchtigten<br />

Pallidurgbarran-Stamme, der nicht nur das Fleisch seiner getöteten<br />

Feinde verzehrt, sondern Menschenfleisch bei allen möglichen Gelegen-<br />

heiten. ,,Der Barrabulstamm, schreibt Oberländer ferner, fing einen<br />

alten Mann und ein Mädchen ein, die zu einem andern Stamm ge-<br />

hörten, und welche sie beschuldigten, meinen Freund Gellibrand<br />

gemordet zu lialjen. Das Mädchen ward getötet und gebraten und<br />

das Fett als Haarpomade benutzt. Etwas warmes Fleisch ward<br />

lachend einem Engländer zum Kosten gereicht. Dr. Cotten nahm,<br />

so viel mir erinnerlich, einen Teil des Schenkels als Beweis der<br />

Thatsache mit sich fort.''<br />

In Neu-Süd-Wales, Avoher Majokibanks 91 Beispiele des Kan-<br />

nibalismus zusammenstellt, aß man besonders das Nierenfett der<br />

Gefallenen, dessen Genuß man übernatürliche Kräfte zuschriel). ^<br />

Angas, bekannt durch seine Arl)eiten über die Australier, teilte<br />

den Gelehrten von der Novara-Expedition mit, daß in der Nähe der<br />

Moreton-Bai (Queensland) ein Knabe starb, dessen Kopf und Haut,<br />

der rohen Sitte gemäß, vom üljrigen Körper getrennt und an einem<br />

Stocke über Feuer getrocknet wurden. Vater und Mutter waren<br />

Ijei dem Vorgange zugegen und stießen laute Schreie aus. Das<br />

Herz, die Leber und die Eingeweide wurden unter die anwesenden<br />

Krieger verteilt, welche Stücke davon an den knöchernen Spitzen<br />

ihrer Speere mit forttrugen, während die gerösteten Oberschenkel<br />

— angeblich die größten Leckerbissen — von den Eltern selbst<br />

verzehrt wurden. Haut, Schädel und Knochen dagegen packten die<br />

Eingel)orenen sorgfältig zusammen und nahmen sie in ihren Säcken<br />

aus Grasgeflecht auf die Reise mit. Nicht selten soll eine Mutter<br />

ihr eigenes Kind in dem dunkeln Wahn auffressen, daß jene Kraft,<br />

welche ihre Leibesfrucht ihr entzogen, auf solche Weise wieder in<br />

den Körper zurückkehre! Fällt den Eingeborenen ein Krieger eines<br />

feindlichen Stammes in die Hände, so sollen sie ihrem erbarmungs-<br />

würdigen Opfer mit fanatischer Wildheit das Fett der Nieren aus<br />

dem Leibe reißen und sich in dem Glauben damit beschmieren,<br />

(laß dies dem Körper Kraft, dem Herzen Mut verleihe.<br />

* Waitz (Gkulanj)], Anthropulogie der Naturvölker. VI. 748.<br />

^ Reise der österreiehiselien Fregatte Xovara uin die Erde. 111. 32.<br />

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