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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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24 Nigerdelta.<br />

indessen wollen wir diese vereinzelte Nachricht auf sich beruhen<br />

lassen, zumal andere Berichterstatter, die in Abomeh die ,, großen<br />

Gebräuche '' mit ansahen, wohl der Schauderdinge genug erzählen,<br />

von <strong>Anthropophagie</strong> indessen nichts wissen. Manches deutet jedoch<br />

darauf hin, daß die Dahomeher ehemals Anthropophagen waren.<br />

Der dänische Arzt Isert erzählt, daß noch zu seiner Zeit (zweite<br />

Hälfte des vorigen Jahrhunderts) der König von Dahomeh in das<br />

in einer Schale aufgefangene Blut der beim Jahresfeste hingerichteten<br />

Schlachtopfer einen Finger tauchte und diesen ableckte. Isert ver-<br />

mutet hierin wohl mit Recht einen letzten Rest, gleichsam ein Sinn-<br />

bild der ehemaligen Menschenfresserei.^<br />

Wir führen gern alle Zeugnisse an, welche bei der Anschuldi-<br />

gung der <strong>Anthropophagie</strong> entlastend wirken können; bei der Gegend,<br />

der wir uns jedoch nun nähern, dem Nigerdelta, Calabar u. s. w.,<br />

vermögen wir nur in den schwärzesten Farben zu schildern, wobei<br />

sehr unverdächtige und mit dem Lande durch viele Jahre hindurch<br />

vertraute Männer unsre Führer sind: Consul Hutchinson und der<br />

schwarze Bischof S. A. Crowther.<br />

Hutchinson^ erzählt, daß Consul Campbell aus Lagos ihm<br />

geschrieben habe, wie die Edjo (Edschu) im Nigerdelta allgemein<br />

als Kannibalen gelten. In Brass und Bonny (beide im Nigerdelta)<br />

verzehre man alle Kriegsgefangenen, in dem Wahne, dadurch tapferer<br />

zu werden. Consul Hutchinson bezweifelte die Thatsachen, bis es<br />

ihm gelang, sich durch den Augenschein von der Richtigkeit zu<br />

überzeugen.<br />

Ich mußte, schreibt er (in den ersten Monaten des Jahres 1859),<br />

amtlich Bonny im Nigerdelta besuchen. Insgeheim wurde mir mit-<br />

geteilt, daß dem Jujuhause gegenüber ein Mann geschlachtet und<br />

der Körper verzehrt werden sollte. <strong>Die</strong>ser Mann hatte einen Sklaven,<br />

der beim Palmölhandel beschäftigt war, ermordet; die Leiche war<br />

in voriger Woche an einem der Creeks des Hamballalandes verzehrt<br />

worden. <strong>Die</strong> Neger hielten die Sache geheim, und kein Weißer<br />

durfte davon wissen. Hutchinson wußte sich zu verbergen und sah,<br />

wie am andern Morgen das Schlachtopfer hingerichtet wurde. „Der<br />

Henker ging fort und alle sprangen auf mit einem Geheul und Ge-<br />

schrei, wie man es von wilden Tieren hört. Sie stürzten auf den<br />

geschlachteten Mann zu, schwenkten ihre großen Messer in der Luft<br />

1 Labaethes Reise nach der Küste von Gninea. Aus dem Französischen.<br />

Weimar 1803. 238.<br />

^ Ten years wanderings among the Ethiopaus. 66.

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