Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie
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Pidschi-Tiiseln.<br />
lieisch Beweggrund für die <strong>Anthropophagie</strong> ist, ergiebt sich aus<br />
folgendem abscheulichen Fall. Ein gewisser Loti ging mit seinem<br />
Weibe in die Taropflanzung, um dort zu arbeiten. Als das Werk<br />
gethan war, ließ er sie Holz holen, den Ofen heizen und einen<br />
Bambussplitter herbei])ringen, um die Speise zu zerlegen. Nachdom<br />
sie gehorsam dieses ausgeführt, erschlug er das Weil), kochte und<br />
vorzehrte er es, wobei ihm von einem Bekannten Gesellschaft ge-<br />
leistet wurde. Niemals hatte der Unmensch mit dem Weibe, mit<br />
dem er ruhig lebte, Streit gehabt. Schiffbrüchige verzehrt man<br />
regelmäßig, da der Glaube herrscht, das Meer habe sie nur darum<br />
nicht verschlungen, damit sie verspeist werden könnten.<br />
Einzelne heidnische Häuptlinge verabscheuten allerdings den<br />
Kannibalismus und konnten nie dazu vermocht werden Menschen-<br />
fleisch zu essen. <strong>Die</strong>se aber waren Ausnahmen von der Regel.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Anthropophagie</strong> war weit verbreitet und Menschenfleisch galt<br />
als Delikatesse. Man raubte Menschen um sie zu fressen. Dabei<br />
wurde weder Alter noch Geschlecht verschont, Kinder wie Greise<br />
wanderten in den Ofen, Herz, Schenkel und Oberarm galten als<br />
die größten Leckerbissen, der Kopf war weniger beliebt.<br />
<strong>Die</strong> W^eiber aßen selten „Bakolo'^ und einigen Priestern w^ar<br />
es verboten. Auf der Insel Moala wurden sogar oft die Gräber<br />
ge()ft"net, um die Leichen daraus als Nahrung zu verwenden. Häupt-<br />
linge sandten zuweilen ihren Freunden Leichname als Geschenk in<br />
weite Entfernung. Während der Lisulaner sonst alles Fleisch nur<br />
im durchaus frischen Zustande verzehrt, erregt ihm faulendes Men-<br />
schenfleisch keine Abscheu. Gewöhnlich kocht man Menschen-<br />
körper allein und die Ofen und Töpfe, in denen sie zubereitet<br />
wurden, sind ebenso streng tabu wie die bei der Mahlzeit benutzten<br />
Schalen und Gabeln. Zuweilen dienen die Schädel der Opfer als<br />
Trinkschalen, aus den Schienbeinen macht man Nadeln zum Segelnähen.<br />
Der schrecklichste, bei der <strong>Anthropophagie</strong> vorkommende<br />
Brauch jener Insulaner, ist aber das vakototoga, die Tortur, wobei<br />
dem noch lebenden Feinde Stücken Fleisch vom Körper abge-<br />
schnitten, dann gekocht und vor seinen Augen verzehrt werden.<br />
Williams erzählt von einem Häuptling, der 900 Menschen verzehrt<br />
hatte, deren Zahl durch aufgestellte Steine bezeichnet wurde.<br />
Während die Polynesier bis zur Zeit der Ankunft der Euro-<br />
päer die Töpferei nicht kannten, besaßen die Fidschi-Insulaner<br />
schon Töpfe und in diesen kochten sie ihre Speisen, zumal auch<br />
das Menschenfleisch. Noch mehr, sie bedienten sich auch der<br />
Gabeln, was um so mehr autfallen muß. als dieses Kulturinstrument<br />
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