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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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Manjuema. Kongolandschaften. 41<br />

kann. Stanley äußert sich über Manjuema in ähnlicher Art wie<br />

Livingstone; er fand dort die Dörfer mit Menschenschädeln gleichsam<br />

gepflastert.^ Im Dorfe Kimpungu sah er 186 solcher Schädel.<br />

Leutnant Wissmann hörte in Manjuema von einem Manne das<br />

folgende: ,,Bis vor kurzem haben wir auch Menschenfleisch gegessen<br />

und zwar auch das von den an einer Krankheit Gestorbenen, nur<br />

haben wir, wenn jemand an einer Krankheit gestorben ist, die<br />

äußersten Glieder der Finger und Zehen abgenommen, eingesalzen,<br />

in Blätter gewickelt und ins Wasser geworfen, während wir den<br />

ganzen andern Körper gegessen haben.'' Durch das Einsalzen und<br />

Wegwerfen sollte erreicht werden, daß die Krankheit nicht auf den<br />

Essenden überging. Er erzählte weiter, daß sie nicht die in ihren<br />

eigenen Dörfern Gestorbenen gegessen, sondern die Leichen ge-<br />

wissermaßen ausgetauscht hätten. <strong>Die</strong> von einem fremden Dorfe<br />

herübergekommene Leiche wird später wieder erstattet durch einen<br />

im Dorfe selbst Gestorbenen. ^<br />

Als Stanley den Kongo abwärts fuhr, war es nichts unge-<br />

wöhnliches, daß die feindlich gesinnten Stämme am Ufer nach seinem<br />

Fleische schrieen. „Wir werden Fleisch in Menge haben" hieß es<br />

da. Auf der Insel Asama im Kongo ,,verzierten Menschenschädel<br />

die Dorfstraße und eine große Menge Schenkelknochen, Rippen<br />

und Rückenwirbel lagen in einem Winkel voll Unrat, als gebleichte<br />

Zeugen ihres gräßlichen Appetits nach Menschenfleisch." Also<br />

Küchenabfälle mit Menschenknochen. Und so ganz ähnlich da,<br />

wo der Aruwimi in den Kongo mündet, wo auch die abgenagten<br />

Menschenknochen offen und frei auf den Unrathaufen des Dorfes<br />

umherlagen und „der dünne Vorderarm eines Menschen, der neben<br />

einem Feuer zugleich mit versengten Rippen vorgefunden wurde",<br />

Stanley einen handgreiflichen Beweis für die gräßliche Gewohnheit bot.^<br />

Der Kannibalismus der centralafrikanischen Völker, welche an<br />

den südlichen Zuflüssen des Kongo wohnen, in jenen Gegenden,<br />

welche von Pogge und Wissmann besucht wurden, tritt nicht so<br />

öffentlich hervor, wie bei den Monbuttu und manchen Westafrikanern.<br />

Wissmann hat dort mit eigenen Augen keinen Fall beobachtet, ist<br />

aber durch die Gesamtheit der Berichte von dem Vorhandensein<br />

überzeugt. Nach ihm sind die Baluba alle Kannibalen; auch die<br />

Tuschilange waren früher Anthropophagen, sind aber seit der Ein-<br />

' Stanley, Dm-eli den dunklen Weltteil. IL 157 und Anmerkung auf S. 159.<br />

^ Verhandlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft, 1885. 459.<br />

3 Stanley a. a. 0. II. 221. 232. 203. 302.

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