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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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30 <strong>Die</strong> Fan. <strong>Die</strong> Kissama.<br />

daß die Sklaven nur darum von ihnen fortgeführt würden, um in<br />

fernen Landen verspeist zu werden. .,Warum die Schwarzen besser<br />

als die Weißen schmeckten", wurde Winwood Reade gefragt,<br />

worauf er ,,aus Politik" zur Antwort gab, das Fleisch der Weißen<br />

sei giftig. 1<br />

Wäre noch weitere Bestätigung des Kannibalismus der Fan<br />

notwendig, so finden wir diese bei französischen Reisenden. Der<br />

Marinearzt Dr. Geiffox du Bellay, der mit dem Lieutenant Serval<br />

mehrere Fahrten vom Gabon aus ins Lmere machte und von 1861<br />

bis 1864 vollauf Gelegenheit hatte, die Fan kennen zu lernen, giebt<br />

uns weitere bestätigende Nachrichten, indessen mit dem Zusätze,<br />

die Fan hielten die Sache geheim und schlössen selbst ihre Kinder<br />

bei den Kannibalenschmausereien aus.^ Nach Geiffox du Bellay<br />

sind auch die Bakalai am Gabon Anthropophagen.-^<br />

Noch weiter südlich trefien wir in Angola auf die Kissama<br />

(Quissama) am Koanza, die 1870 Chaeles Hamilton besuchte.<br />

Unter diesem Volke fand der Reisende noch Kannibalen „weiter<br />

nach dem Lmern hin": bei denjenigen Kissama jedoch, welche am<br />

Koanza und dessen Nähe wohnen, kommt die <strong>Anthropophagie</strong> nur<br />

selten vor. <strong>Die</strong> wenigen Menschenfresser, mit welchen Hamilton<br />

in Berührung kam, sahen häßlich und ungesund aus. Literessant<br />

ist es von Hamilton zu erfahren, daß die Menschenfresserei, ähn-<br />

lich wie bei den Batta auf Sumatra, bei den Kissama als eine<br />

Strafe ausgeübt wird. Wer unter den Kannibalen seine Schulden<br />

nicht bezahlen kann, oder wer ein Verbrechen begangen hat, wird<br />

ohne weiteres getödtet und verzehrt. In neuer Zeit kommt es aber<br />

vor, daß ,,die Aufgeklärteren" dem Verbrecher die Wahl lassen, ob<br />

er sterben oder als Sklave an die Portugiesen verkauft werden<br />

^ Der Glaube, daß die Weißen die schwarzen Sklaven des Fleisches wegen<br />

zum Verzehren exportierten, ist an der Guineaküste weit verbreitet gewesen.<br />

Überhaupt haben die Wilden uns oft für Menschenfresser angesehen. Der Fran-<br />

zose Lambert erzählt dies von Futa Djalon, wo ihm die Fuhlas alle Einzelheiten<br />

berichteten, wie wir Europäer unsere Kannibalenschmäuse einrichten. Freiherr<br />

VON Wreue wurde 1843 im Wadi Öchura in Hadhramaut belehrt, daß der Kaiser<br />

von Rußland eine Leibgarde von 7000 Menschenfressern unterhalte (Reise in<br />

Hadhramaut. Braunschweig 1870. 71). Aloisius da Cadämosto, der 1455 in den<br />

Gambia einlief, hörte dort von den Schwarzen, die Christen fräßen Menschen-<br />

fleisch und würden nicht so viele Sklaven kaufen, wenn es nicht in der Al)sicht,<br />

sie zu fressen, geschähe. (Cadamostos Reise, aus dem Italienischen übersetzt in<br />

Spkenoels Beiträge zur Völker- und Länderkunde. XL 161. Leipzig 1789.)<br />

2 Tour du Monde. XIL 308 (1865).<br />

3 Tour du Monde. XIL 309.

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