Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie
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20 Philippinen. Asiatisches Festland.<br />
mieden, wie Ausgestoßene behandelt werden und sich nur unter<br />
einander verheiraten können. Sie stehen im Rufe Menschenfresser<br />
zu sein. Vielleicht stammen sie von solchen ab? — Der Glaube<br />
ist sehr allgemein und festgewurzelt. Darüber zur Rede gestellt,<br />
antworten alte einsichtsvolle Indier, sie glaubten allerdings nicht,<br />
daß die Asuänen jetzt noch Menschen fräßen, aber ohne Zweifel<br />
hätten ihre Vorfahren es gethan'*.<br />
Im Zusammenhang mit der bekannten Kopfjägerei, und Rach-<br />
sucht als Beweggrund zeigend, steht eine kannibalische Gewohnheit<br />
des Stammes der Gaddanen auf Luzon. Nach Dr. Jos£ de la<br />
Campa entnehmen sie den abgeschlagenen Köi^fen ihrer Feinde das<br />
Gehirn, um es zu verzehren.^ <strong>Die</strong> prähistorische Analogie für diese<br />
Art der <strong>Anthropophagie</strong> scheint — bevor letztere bekannt war —<br />
in den Höhlenbewohnern von Gourdan (Pyrenäen) durch Piette<br />
nachgewiesen.<br />
-<br />
Asiatisches Festland. Das asiatische Festland angehend,<br />
so kommen auch hier einzelne Berichte vor, welche diese oder jene<br />
Völkerschaft der <strong>Anthropophagie</strong> bezichtigen. Indessen hier kann<br />
es sich nur um einen Nachhall früherer Unsitte handeln, oder einen<br />
gelegentlichen Kannibalenschmaus aus Hungersnot. Vergebens aber<br />
sehen wir uns nach Zeugnissen um , welche gewohnheitsmäßige<br />
<strong>Anthropophagie</strong> bei einem asiatischen Volke — die Batta ausgenommen<br />
— heute bestätigen. Der Vollständigkeit halber wollen<br />
wir indessen hier anführen, was wir an Andeutungen gefunden<br />
haben. Staatsrat von Eichw^ald giebt an, daß noch im Jahre 1863<br />
bei den Ostjaken infolge von Hungersnot das Verzehren von Kin-<br />
dern vorgekommen sei.^ Derselbe will auch die Samojeden des<br />
Kannibalismus bezichtigen, da der Name derselben sich aus dem<br />
Russischen sehr gut als ,, Selbstesser'' erklären läßt. Indessen be-<br />
merkt Fe. Müller^ mit Recht, daß dieser Name der Volksetymo-<br />
logie zu Liebe aus Samod entstanden sein dürfte, mit welcher<br />
Bezeichnung noch gegenwärtig um Archangel die Samojeden von<br />
den Russen bezeichnet werden. Er ist wahrscheinlich mit dem<br />
Namen Suomi (Finne) und Same (Lappe) verwandt und datiert aus<br />
der Zeit, wo Finnen, Lappen und Samojeden in unmittelbarer Nähe l<br />
zusammenwohnten. <strong>Die</strong> Kaschmiris l)erichten, daß die Darden<br />
1884. 53.<br />
^ Mitteilungen der Wiener anthroiiologischen Gesellschaft, ^'erhandlungen<br />
2 Oben S. 4.<br />
^ Archiv für Anthropologie. III. .3.3.8.<br />
* Allgemeine Ethnographie. 337. Amnerkung.