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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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Neu-Caledonien. 57<br />

Neii-Caledonien. Als Cook 1774 Neu-Culedoiiien entdeckte,<br />

erkannte er die seitdem festgestellte Anthropupliagie der Einge-<br />

borenen nicht, ja er erzählt sogar eine Geschichte, Avie die Insu-<br />

laner sich erstaunt und angeekelt von den Matrosen abgewendet<br />

hätten, welche einen Rinderkuochen benagten, wobei sie nicht un-<br />

deutlich zu verstehen gaben, daß sie glaubten, jene nagten an<br />

Menschenknochen, da ihnen größere Säugetiere völlig unbekannt<br />

waren.<br />

-<br />

Alle späteren Reisenden und namentlich die auf Neu-Caledonien<br />

angesiedelten Franzosen bestätigen dagegen den ausgedehnten Kannibalismus<br />

der schwarzen Eingeborenen. Der Schiffsarzt Rochas<br />

sagt trocken, Avenn auch nicht ganz richtig: L'a7ithroi)oj)ha(/ie est<br />

pnrement alimentaire cliez les Neo-Caledoniens. Sie führen Krieg aus<br />

keinem anderen Grunde als um sich Fleisch zu verschaffen, da in<br />

ihrem Lande von Säugetieren nur eine Fledermausart vorkommt,<br />

die nicht eßbar ist. Nach dem Kampfe werden die wenigen Toten<br />

in Stücke zerhackt und unter die Häuptlinge verteilt. <strong>Die</strong> Neu-<br />

Caledonier ziehen das. Fleisch ihrer Landsleute demjenigen der<br />

Europäer vor, da letzteres ihnen zu salzig schmeckt. Daß die<br />

Häuptlinge allein das Recht haben die Körper der Feinde zu ver-<br />

zehren beruht auf angemaßtem Privileg; sie verteilen dann das er-<br />

haltene Fleisch in ihren Familien. ^ Völlig beglaubigt ist der Fall,<br />

daß im Jahre 1850 fünfzehn Mann von der Besatzung des franzö-<br />

sischen Kriegsschiffs Alcmene von den Neu-Caledoniern erschlagen<br />

und verzehrt wurden.<br />

Noch weit eingehender spricht sich der Ligenieur Jules Gar-<br />

nier über den Kannibalismus aus. Sein Besuch ^eu-Caledoniens<br />

fällt in das Jahr 1864, er hat vortrefflich darüber geschrieben und<br />

wiederholt mit eigenen Augen die Kannibalenschmausereien gesehen.^<br />

<strong>Die</strong> Gegend, in welcher er beobachtete, ist der Distrikt von Houagap<br />

an der Nordostküste, wo von befreundeten Eingeborenen sehr häufig<br />

den französischen Postenkommandanten das Fleisch von erlegten<br />

Feinden angeboten wurde. Garnier wohnte einem Pilufeste des<br />

Widustammes bei, der die französische Herrschaft anerkannt hat.<br />

Im Schein des Feuers sah er zwölf Häuptlinge sitzen, zwischen<br />

denen auf Bananenblättern Stücke gebratenen Menschenfleisches mit<br />

* De Kochas, Sur les Neo-Caladonicn.s. Bull. soc. d'Anthropol. 1S6Ü. 414.<br />

^ Bull. soc. d'Anthropol. 1862. 566.<br />

^ Jules Garnier, Voyage a la Nouvelle Caledonic. Tour du Moude.<br />

Vol. XVI. 11. Pai-is 1868. " ''->'"•

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