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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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Kimbunda. <strong>Die</strong> Jatras. 31<br />

wolle; in der Regel zieht er den Tod vor, denn die Portugiesen<br />

sind außerordentlich verhaßt.^ Es ist das Innere des portugiesischen<br />

Westafrika von altersher ein bevorzugter Boden für die mit Anthro-<br />

pophagie verknüi^ften Greuel gewesen, denn dort war der Sitz der<br />

mit Sagen umwobenen Jagas, worunter Herrscher und Volk ver-<br />

standen werden.<br />

Mit Opfergebräuchen vermischt ist die gelegentliche Anthro-<br />

pophagie bei den Kimbunda (portugies. Westafrika). Damit die<br />

Regierung des Fürsten glücklich ausfalle, wird der Ouri-Kongo ge-<br />

opfert, der tapferste unter allen Kriegsgefangenen. Durch das Ver-<br />

zehren seines Fleisches wird auch der Fürst tapfer. Ladislaüs<br />

Magtae berichtet als Augenzeuge: Der Wahrsager zerlegt den<br />

Rumpf, reißt die Eingeweide heraus und wahrsagt daraus. Dann<br />

werfen seine Gehilfen die Eingeweide weg, mit Ausnahme des<br />

Herzens. Endlich wird der Kadaver in kleine Stücken zerschnitten<br />

und unter den anwesenden Hokaführern verteilt, wobei der Wahr-<br />

sager Sorge trägt, daß jeder außer dem Stück Fleisch auch etwas<br />

vom Herzen bekomme (wohl weil letzteres als Sitz der Tapferkeit<br />

gedacht ist). Der Fürst und die Kriegshäupter mischen das er-<br />

haltene Menschenfleisch mit Hunde- und Rindfleisch, kochen es an<br />

den vielen Feuern und essen es. Sie glauben nun infolge dessen<br />

eine solche Kraft zu erlangen, daß sie immer mit Erfolg gegen<br />

ihre Feinde kämpfen werden.^<br />

Menschenopfer mit <strong>Anthropophagie</strong> verknüpft fanden am Hofe<br />

der Jagas bei der Sambamento genannten Festlichkeit noch zur<br />

portugiesischen Zeit in Kassanje statt. Wenn der Nicango, das<br />

Schlachtopfer, auserwählt war, wurde er bei Hofe mit denselben<br />

Ehren wie der Fürst selbst behandelt, ein Verfahi'en, daß wii' auch<br />

anderweitig bei den dem Tode geweihten Opfern finden (Mexiko,<br />

Brasilien). Am Tage des Festes wurde der Nicango vor den Jaga<br />

geführt mit dem Rücken dem letzteren zugewendet, worauf der<br />

Jaga mit einem halbmondförmigen Messer den Rücken des Xicango<br />

durchschnitt, bis er zum Herzen gelangt, das er herauszog. Er<br />

nahm einen Bissen davon, den er dann wieder ausspuckte und ließ<br />

dann das Herz verbrennen. Unterdessen hielten die Macotas (Hof-<br />

würdenträger) das Schlachtopfer so, daß sein Blut über die Brust<br />

und den Bauch des Jaga strömte; nachdem dieses geschehen, rieben<br />

sie sich selbst den Körper damit ein, dabei ausrufend: Groß ist<br />

' Journal of tlie Authropological Institute. London 1872. I. 187.<br />

^ L. Magyar, Eeisen in Südafrika. Pest 1859. I. 275.

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