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Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie

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<strong>Die</strong> Botokuden. Di e Puris. o^<br />

andere Horden zu wälzen. Es mag doch vielleiclit bei ihnen das<br />

Gefühl vorhanden sein, daß sie sich durch das Auffressen ihresgleichen<br />

selbst unter die Tiere stellen.'^ ^ Darnach stimmen Neuwied<br />

und V. TsCHUDi überein und wir dürfen bei den Botokuden Rach-<br />

gier als den Beweggrund des Kannibalismus annehmen.<br />

Südlich von den Botokuden treffen wir, gleichfalls noch in der<br />

Provinz Minas Geraes unter 21.'^ s. Br. an den oberen Zuflüssen<br />

des Parahyba, sj^eziell am Rio Xipolo zwischen der Serra Geraldo<br />

und Serra do Onqa. auf die Coroatos-Indianer, ein sehr rohes Volk,<br />

welches im Beginn unseres Jahrhunderts noch 1900 Köpfe zählte.<br />

Bei ihnen, die einst wohl mehr der <strong>Anthropophagie</strong> ergeben waren,<br />

finden wir gleichsam die Ausläufer kannil)alischer Gewohnheiten,<br />

da sie bei ihren Festen an dem abgeschnittenen Arme eines er-<br />

legten Feindes, der zuvor in Maiswein getaucht wird, zu saugen<br />

pflegen. ,,Der Arm des Puri geht beim Tanze in der Reihe herum,<br />

wird auch wohl aufgestellt und mit Pfeilen nach ihm geschossen,<br />

andere tauchen ihn in das Getränk, saugen davon und mißhandeln<br />

ihn auf alle mögliche Art."^ Unschwer ist aus dieser Schilderung<br />

zu erkennen, wie es sich auch hier um einen Racheakt handelt.<br />

<strong>Die</strong> Puris, die am Parahybastrome hausen und stark dem Ein-<br />

flüsse der Brasilianer ausgesetzt sind, erscheinen heute nicht mehr<br />

als Anthropophagen ; daß sie es einst waren, beweist ihr Name,<br />

denn Puru oder Puri bedeutet nach Vaenhagen einfach Anthropo-<br />

phage. ^ Noch zu Neuwieds Zeit kamen bei ihnen Fälle von Kan-<br />

nibalismus vor. ^<br />

Es mag hier und da in Brasilien außer den angeführten noch<br />

Horden geben, welche kannibalischen Gewohnheiten fröhnen^; im<br />

allgemeinen läßt sich aber darthun, daß in Südamerika teils durch<br />

Verdrängung der Ureinwohner, teils durch Sittigung derselben die<br />

<strong>Anthropophagie</strong> ganz außerordentlich abgenommen hat, wie ein Ver-<br />

gleich mit den Berichten der ersten Besucher des Landes ergiebt.<br />

Araukaner. Noch haben bei diesen sich wenigstens Spuren<br />

erhalten, die auf ehemals weiter verbreitete <strong>Anthropophagie</strong> hin-<br />

. * JoH. Jak. V. Tschudi, Reisen durch Südamerika. Leipzig 1866. II. 280.<br />

^ Hauptmann Marliers Bericht bei v. Eschwege a. a. 0. 121. 127. 201.<br />

•'' A. V. Varnhagen, Historia geral do Brazit etc. Rio de Janeiro 1854.<br />

Tom. I. 100. Schulz, Natur- und Kulturstudien über Südamerika. 15.<br />

* Neuwied a. a. O. I. 161.<br />

* Nach Dr. Couto da Magalhaes fressen die Cliavantes am Araguay die<br />

Leichen ihrer verstorbenen Kinder, weil sie wähnen, daß dadurch die Seele die-<br />

ser Kinder in die ihrige übergehe. (Brazil and River Plate Mail 21. Febr. 1874.)

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