Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie
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Monbuttu. Mambaiiffa. 39<br />
sind nur zwei Fälle bekannt, wo ich die Monbuttu mitten bei der<br />
Arbeit überraschte, Menschenfleisch als Speise herzurichten. Das<br />
eine Mal stieß ich auf eine Anzahl junger Weiber, wie sie eben<br />
damit beschäftigt waren, vor der Thür ihrer Hütte auf dem ge-<br />
glätteten Estrich von Thon die ganze untere Hälfte eines Kadavers<br />
durch Brühen mit kochendem Wasser von seinen Haaren zu säu-<br />
bern. Durch diese Behandlung war die schwarze Hautfarbe einem<br />
fahlen Aschgrau gewichen. Der ekelhafte Anblick erinnerte mich<br />
lel)haft an das Abbrühen unserer Mastschweine. Ein anderes Mal<br />
fand ich in einer Hütte den noch frischen Arm eines Menschen<br />
über dem Feuer hängend, um ihn zu dörren und zu räuchern.<br />
Sichtbare Spuren und untrügliche Anzeichen von Kannibalismus<br />
fanden sich übrigens auf Schritt und Tritt in diesem Lande.*'<br />
Dabei sind diese Monbuttu ein durch Begabung, Urteil und National-<br />
stolz, ja durch eine Art Kultur vor den Nachbarn ausgezeich-<br />
netes Volk.<br />
<strong>Die</strong> Nachfolger Schweinfueths in den Ländern westlich vom<br />
weißen Nil haben dessen Mitteilungen über die <strong>Anthropophagie</strong> der<br />
Niam-Niam und der Monbuttu vollauf bestätigt. Von den Mambanga,<br />
einem der südlichen Stämme der Niam-Niam, hebt Junker<br />
hervor, daß sie durch geordnete staatliche Verhältnisse, Lebens-<br />
weise, Sitten und Kunstleistungen weit über benachbarten Negerstämmen<br />
stehen. Dabei aber findet man den Kannibalismus in<br />
seiner tierischsten Form. Alle Leichen werden bei diesem Volke<br />
verzehrt und der einzige menschliche Zug, der hierbei den Kanni-<br />
balen geblieben, ist die Scheu vor dem Fleische der Blutsverwandten<br />
deren Leichen werden wenigstens an Fernstehende verschachert.<br />
Stirbt ein Mambanga, so kann nach dortigem Aberglauben dieses<br />
nur durch den bösen Willen anderer bewirkt worden sein, da die<br />
Vorstellung des natürlichen Todes jenem Volke fremd ist. Nun<br />
wird das Orakel befragt, welches einen oder mehrere Menschen als<br />
Urheber des Todes bezeichnet und die infolge des Spruchs erdrosselt<br />
und auch verzehrt werden. ,,Das Lynchen und der Kannibalen-<br />
schmaus wird stets abseit der Hütten vollzogen. <strong>Die</strong> Weiber tragen<br />
die Zukost in der Form des Lugmagerichts, einer Mehlspeise, für<br />
die Männer an den Ort der Greuelthat.'*^<br />
Li meiner ersten Bearbeitung unseres Themas habe ich die<br />
Annahme gewagt, daß das noch unerforscht äquatoriale Afi'ika als<br />
* ScHWEiNFURTH, Im Hei'zcn von Afrika. II. 98.<br />
^ Dr. W. Junker in Petermanns Mitteilunp-en. 1881. 256.<br />
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