Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie
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90 Araukaner. Feuerländer.<br />
weisen. Als Genugtlimiiig für die Manen der im Kriege gefallenen<br />
Tapferen des eigenen Stammes bringen sie Menschenopfer dar, zu<br />
denen Gefangene des feindlichen Stammes benutzt werden. Dem<br />
mit einer Keule erschlagenen Opfer wird das Herz aus der Brust<br />
gerissen und frisch dem Toqui dargereicht, der einige Tropfen Blut<br />
daraus saugt, um es alsdann den übrigen Häuptlingen zu geben,<br />
die damit ein gleiches thun. ^<br />
Feuerländer. Unmöglich ist es nicht, daß der Kannibalismus<br />
sich einst durch ganz Südamerika bis zur Magalhaesstraße<br />
und darüber hinaus erstreckte. Nach Charles Daewin sind<br />
die Feuerländer demselben infolge häutiger Hungersnot ergeben,<br />
auch herrscht bei ihnen Elternmord^, wie dieses auch Admiral<br />
FiTZEOY bestätigt. ,,Fast immer im Kriege mit den Nachbarstämmen<br />
begriffen, treffen sie sich selten, ohne daß ein feindlicher<br />
Zusammenstoß erfolgt. <strong>Die</strong>jenigen, Avelche besiegt und gefangengenommen<br />
worden sind, werden, falls sie nicht schon tot sind, von<br />
den Siegern erschlagen und verzehrt. Arme und Brust essen die<br />
Frauen, die Beine erhalten die Männer und der Rumpf Avird ins<br />
Meer geworfen.'' Auch im strengen Winter nehmen sie, wenn sie<br />
keine andere Nahrung finden können, ,,das älteste Weib aus ihrer<br />
Mitte, halten ihr den Kopf über dichten, durch grünes verbranntes<br />
Holz erzeugten Rauch, pressen ihr die Kehle zu und ersticken sie.<br />
Sie verzehren dann das Fleisch bis auf den letzten Bissen, den<br />
Rumpf aber werfen sie, wie bei dem vorhergehenden Falle, ins<br />
Meer".^ Auch W. Paeker Snow, der gute Gelegenheit hatte, sie<br />
kennen zu lernen, sagt, daß sie nur im Falle von Hungersnot die<br />
alten Weiber, zuletzt aber ihre Hunde fressen^ und an anderer<br />
Stelle sagt derselbe : They are cannihals from necessity, hut, I hclicve,<br />
not from choice.^ Ein neuerer Beobachter, der Franzose Maeguin,<br />
der längere Zeit unter ihnen lebte, spricht sie gänzlich fi-ei. On<br />
les dit aathrojwphages, tnais rien pour moi nc justifie cette accnsatio/i^',<br />
und so auch Dr. Hyades, der gleichftills einige Zeit unter ihnen<br />
lebte und das Verzehren der alten Weiber für Fabel erklärt.''<br />
^ E. Reukl Smith, The Araucarians. New York 1855. 274.<br />
'' Charles Darwins Naturwissenschaftliche Reisen. Deutsch von <strong>Die</strong>ffen-<br />
itAcii. lirauiischweig 1844. I. 230.<br />
^ LuBROcK, <strong>Die</strong> vorgeschichtliche Zeit. Jena 1874. II. 240.<br />
^ A two years' cruisc oiF Tierra de fuego. London 1857. II. H58.<br />
* Transact. Ethnolog. Soc. New Serics. I. 264 (1861).<br />
* Bulletins de la societc de geograi^hie. 1875. 501.<br />
^ Revue d'Ethnographie. IV. 552.