C Sozialprofile ver- und überschuldeter junger Erwachsener
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SCHULDEN-KOMPASS | EINLEITUNG<br />
Einleitung<br />
Zur Finanzierung von Investitionen im betrieblichen <strong>und</strong> privaten Bereich ist der Kredit in der modernen<br />
Volkswirtschaft mittlerweile eine Selbst<strong>ver</strong>ständlichkeit. Bereits seit den frühen 50er Jahren<br />
werden in Deutschland <strong>ver</strong>stärkt Kredite aufgenommen, um hochwertige Gebrauchsgüter wie Auto,<br />
Elektronik, Haushaltsgeräte, Möbel zu erwerben, aber auch, um zukünftiges Einkommen zu sichern<br />
oder zu entwickeln. Darüber hinaus geben die Teilzahlungskredite im Handel die Möglichkeit,<br />
Liquiditätsengpässe zu überbrücken oder finanzielle Flexibilität zu bewahren. Nach Meinung von<br />
Verbraucher<strong>ver</strong>bänden können Kredite im produktiven Einsatz die Existenz finanziell absichern.<br />
Zwar bringt die Kreditaufnahme (Verschuldung) zweifelsohne Risiken mit sich <strong>und</strong> ist die Voraussetzung<br />
für eine Überschuldung, doch ist die Verschuldung keinesfalls von vornherein mit Überschuldung<br />
gleichzusetzen. Kredite können aber bei eingeschränkten Handlungsspielräumen des<br />
Schuldners den Prozess in eine prekäre Finanzsituation beschleunigen – bis zu dem Punkt, an dem<br />
auch eine zusätzliche Kreditaufnahme nicht mehr möglich ist, um die bereits vorhandene<br />
Zahlungs<strong>ver</strong>pflichtungen zu erfüllen. Dabei sollte bedacht werden, dass Kreditrisiken je nach<br />
Altersgruppe, Haushaltseinkommen <strong>und</strong> Erwerbssituation unterschiedlich stark ausgeprägt sind <strong>und</strong><br />
damit im Fall der Überschuldung auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Lebensführung haben.<br />
Von Überschuldung betroffen sind zwar nach wie vor nur sehr kleine Bevölkerungsgruppen, Überschuldung<br />
erreicht jedoch in zunehmendem Maße die mittleren Schichten der Gesellschaft <strong>und</strong> den<br />
Mittelstand. 1 So hat sich der Themenkomplex „Private Verschuldung <strong>und</strong> Überschuldung“ seit den<br />
ersten Anfängen der Überschuldungsforschung 1967 durch David Caplovitz 2 in den USA von einem<br />
individuellen Problem mittlerweile zu einem gesellschaftlichen Problem in den westlichen Industrieländern<br />
entwickelt. Spätestens seit Vorlage des ersten Armuts- <strong>und</strong> Reichtumsberichtes der<br />
B<strong>und</strong>esregierung 1999 <strong>und</strong> der 2. Auflage in 2005 ist auch die deutsche Öffentlichkeit in eine intensive<br />
Diskussion eingestiegen. Nach wie vor gibt es aber weder in Deutschland noch international 3<br />
eine einheitliche Statistik über den Verschuldungsgrad privater Haushalte. Daher sind Rückschlüsse<br />
auf die Verschuldung, die Überschuldungsgefahr <strong>und</strong> schließlich die Überschuldung von<br />
Privathaushalten nur mittelbar über Indikatoren möglich, wie etwa die Vergabe von Krediten, über<br />
Kredithöhen, Kreditausfälle, Zahlungsstörungen oder z. B. über Konsumquoten, Sparquoten <strong>und</strong> die<br />
seit 1999 geführten Statistiken zu Privatinsolvenzen.<br />
Bis heute steigt die Zahl der Raten- <strong>und</strong> Konsumentenkredite in Deutschland kontinuierlich an.<br />
Betrug das Gesamtvolumen der Konsumentenkredite 1999 r<strong>und</strong> 215,7 Mrd. Euro, belief sich dieses<br />
Volumen am Ende des zweiten Quartals 2005 auf r<strong>und</strong> 233,9 Mrd. Euro. 4 Nach Angaben des Sozioökonomischen<br />
Panels (SOEP 2004) haben ca. 33 % der deutschen Haushalte einen Dispositionskredit,<br />
ca. 21% einen Konsumentenkredit <strong>und</strong> etwa 24 % einen laufenden Hypothekarkredit.<br />
1 Zimmermann, Gunter E.: Aussagekraft der Daten des SOEP sowie der EVS 2003 zur Verschuldung von Privathaushalten, 2004.<br />
2 Caplovitz, David.: The poor pay more. Consumer practices of low-income families, New York 1967.<br />
3 Vgl. Internationaler Vergleich der privaten Überschuldung von Prof. Dr. Udo Reifner <strong>und</strong> Helga Springeneer im Schulden-Kompass 2004, S.<br />
164- 211.<br />
4 Vgl. Statistisches Beiheft zum Monatsbericht der Deutschen B<strong>und</strong>esbank, Oktober 2005, S. 34 f.<br />
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