C Sozialprofile ver- und überschuldeter junger Erwachsener
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SCHULDEN-KOMPASS | EINLEITUNG | 2. ZENTRAL DISKUTIERTE BEGRIFFE<br />
2.8 Finanz- <strong>und</strong> Zahlungswissen<br />
Das Finanz- <strong>und</strong> Zahlungswissen, wie es in der Primärerhebung des Schulden-Kompass 2003 <strong>und</strong><br />
2004 erhoben wurde, stellt zunächst auf die Nutzung von Finanzdienstleistungen ab <strong>und</strong> impliziert<br />
dort ein Wissen über Gr<strong>und</strong>typen von Geld- <strong>und</strong> Kreditgeschäften <strong>und</strong> einzelne Randbedingungen.<br />
27 Zahlungswissen ist ein Teil des Finanzwissens, das wiederum als Teilbereich der ökonomischen<br />
Allgemeinbildung zugeordnet wird. Während die ökonomische Allgemeinbildung Kenntnisse<br />
über die Funktionsweise der Marktwirtschaft umfasst, beinhaltet die finanzielle Allgemeinbildung die<br />
wichtigsten persönlichen Voraussetzungen für die individuell sinnvolle Nutzung von Finanzdienstleistungen.<br />
28 Bei Untersuchungen zum Finanz- <strong>und</strong> Zahlungswissen <strong>und</strong> deren Wechselwirkung bei<br />
der Überschuldung gilt es insgesamt zu prüfen, welche Defizite im Produkt- <strong>und</strong> Handlungswissen<br />
bei der Überschuldung eine Rolle spielen. Schwierigkeiten bereitet die Operationalisierung von<br />
Produkt- bzw. Faktenwissen für Testzwecke auch insofern, als die unüberblickbare Vielzahl von<br />
Finanzprodukten wohl kein Verbraucher komplett beherrschen dürfte <strong>und</strong> es daher auch nicht das<br />
„absolute“ Finanzwissen gibt. Außerdem unterliegt das Produkt- oder Faktenwissen gegenüber dem<br />
Handlungswissen einer schnelleren Alterung, was die Messung eines sich ggf. <strong>ver</strong>ändernden Faktenwissens<br />
erschwert. Zu berücksichtigen ist auch, dass bestimmte Einstellungen <strong>und</strong> persönliche<br />
Lebensmaximen ein Produkt- <strong>und</strong> Handlungswissen dominieren <strong>und</strong> dieses Wissen bewusst ausblenden<br />
können. Dann folgt die Handlung nicht einem Wissen, sondern dient vielmehr der Erfüllung<br />
einer persönlichen, faktisch gelebten Überzeugung. 29<br />
2.9 Überschuldungskarriere<br />
Bei Analysen zur sozialen Mobilität werden die Verlaufsmuster von (insbesondere beruflichen)<br />
individuellen Karrieren <strong>und</strong> ihre sozialen Bindungen untersucht. Üblicherweise zählen hierzu Merkmale<br />
der Person (z.B. soziale Herkunft, Bildung) <strong>und</strong> der Sozialstruktur (z.B. Berufsgruppe, Erwerbsstatus<br />
o.ä.). Deterministische Karrierekonzepte betrachten die Karrieren der Individuen durch ihre<br />
soziale Herkunft, Bildung bzw. Bildungszugänge usw. als weitestgehend vorgegeben <strong>und</strong> gehen von<br />
einer geringen individuellen Beeinflussung aus. Im Gegensatz dazu berücksichtigen handlungstheoretische<br />
Karrierekonzepte ebenso das Verhalten der Individuen <strong>und</strong> deren Einfluss auf den Karriere<strong>ver</strong>lauf.<br />
Handlungstheoretische Karrierekonzepte gehen somit von einer größeren möglichen<br />
Dynamik der individuellen Karriere<strong>ver</strong>läufe aus, denen jedoch u.a. durch Arbeitslosigkeit, Armut <strong>und</strong><br />
Überschuldung Begrenzungen gesetzt werden können. 30<br />
27 Vgl. repräsentative Haushaltsbefragung in Schulden-Kompass 2004. Zu beobachten war u.a., dass der Anteil der Haushalte mit geringem<br />
Zahlungswissen von 2003 auf 2004 von 14,8 % auf 9,1 % gesunken ist, S. 105-112.<br />
28 Reifner, Udo: Finanzielle Allgemeinbildung, Bildung als Mittel der Armutsprävention in der Kreditgesellschaft, Baden-Baden 2003. S. 15-24.<br />
29 Vgl. Schulden-Kompass 2003: Beitrag „Sozialethische Aspekte von Verschuldung <strong>und</strong> Überschuldung“ des Beirats Prof. Dr. Johannes<br />
Hoffmann, S. 64-65.<br />
30 Vgl. Schulden-Kompass 2004, Dr. Dr. Gunter E. Zimmermann „Wege in die Überschuldung <strong>und</strong> ihre Ursachen“, S. 115-146.<br />
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