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C Sozialprofile ver- und überschuldeter junger Erwachsener

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PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Überwindung von Überschuldung <strong>und</strong> Überschuldungsprävention bedarf<br />

einer abgestimmten, kohärenten Vorgehensweise<br />

Von Marius Stark <strong>und</strong> Helga Springeneer*<br />

Seit Erscheinen des Schulden-Kompasses 2004 hat sich die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die<br />

Probleme des „modernen Schuldenturms“ weiter <strong>ver</strong>stärkt. Hierzu hat nicht nur der Schulden-<br />

Kompass beigetragen, sondern zum Beispiel auch der aktualisierte Armuts- <strong>und</strong> Reichtumsbericht<br />

der B<strong>und</strong>esregierung oder die b<strong>und</strong>esweite Aktionswoche der Schuldnerberatung, die in diesem Jahr<br />

unter dem Motto „Der Mensch hinter den Schulden“ stand. Auch die Rechtsprechung ist daran<br />

beteiligt. So urteilte das Landgericht Bremen in diesem Sommer, dass die Erklärung „Girokonto für<br />

Jedermann“, die der Zentrale Kreditausschuss im Juni 1995 abgegeben hat, mehr als eine bloße freiwillige<br />

Empfehlung ist, sondern ihr im Rechts<strong>ver</strong>kehr <strong>ver</strong>bindlicher Charakter zukommt.<br />

Im Bereich der Gesetzgebung stehen die letzten zwölf Monate – mit Ausnahme der Anpassung der<br />

Pfändungsfreigrenzen – hingegen eher für Stillstand. So liegt die überfällige Reform des<br />

Kontopfändungsrechts auf Eis. Der im Kern positive Vorschlag des B<strong>und</strong>esjustizministeriums vom<br />

September 2004 ist insbesondere bei den Landesjustizministerien auf – nicht nachvollziehbare –<br />

Kritik gestoßen. Die sich seit April 2003 hinziehende Überarbeitung der Vorschriften zum Verbraucherinsolvenz<strong>ver</strong>fahren<br />

droht immer mehr zu <strong>ver</strong>wässern. Ähnlich wie wir es gerade mit dem<br />

neuen Entwurf für eine EU-Verbraucherkreditrichtlinie erfahren müssen, wo jede Überarbeitung des<br />

Ausgangsentwurfs vom September 2002 den ursprünglich ambitionierten Ansatz für eine „<strong>ver</strong>antwortungsvolle<br />

Kredit<strong>ver</strong>gabe“ immer weiter aushöhlt, haben sich auch die aktuellen Überlegungen<br />

des B<strong>und</strong>esjustizministeriums <strong>und</strong> der entsprechenden Landesministerien weit von den einst positiven<br />

Vorschlägen im Diskussionsentwurf aus dem Jahr 2003 entfernt.<br />

Anstatt die unnötigen <strong>und</strong> kostenträchtigen Schleifen des momentanen Verfahrens zu glätten, soll<br />

nun neben das Verbraucherinsolvenz<strong>ver</strong>fahren ein „treuhänderloses Entschuldungs<strong>ver</strong>fahren“<br />

gestellt werden, in das die Schuldner sollen, deren finanzielle Lage so desolat ist, dass sie nicht einmal<br />

mehr die Kosten für ein Insolvenz<strong>ver</strong>fahren aufbringen können. Im Gegensatz zum sechsjährigen<br />

Verbraucherinsolvenz<strong>ver</strong>fahren, das für „redliche“ Schuldner in einer Restschuldbefreiung<br />

münden kann, die alle Gläubigerforderungen umfasst, soll das „treuhänderlose Entschuldungs<strong>ver</strong>fahren“<br />

acht Jahre dauern <strong>und</strong> nur noch in einer Entschuldung enden. „Entschuldung“ bedeutet<br />

in diesem Fall, dass beispielsweise ein Gläubiger, der den Schuldner nicht mehr ausfindig machen<br />

<strong>und</strong> deshalb nicht in sein Forderungs<strong>ver</strong>zeichnis aufnehmen konnte, auch nach Ablauf der acht Jahre<br />

seine Forderung weiterhin durchsetzen kann. Denn die Entschuldung soll nur die vom Schuldner<br />

benannten Gläubiger betreffen. Kann hier noch von einem „zweiten Start“ gesprochen werden, den<br />

die Insolvenzordnung – betroffen wären im Übrigen die Mehrzahl aller Schuldner – ermöglichen soll?<br />

Das „treuhänderlose Entschuldungs<strong>ver</strong>fahren“ will auch auf den insolvenzrechtlichen Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Gläubigergleichbehandlung <strong>ver</strong>zichten. Statt Vollstreckungsschutz nach § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung<br />

soll während des achtjährigen Verfahrens jeder Gläubiger für sich wieder <strong>ver</strong>suchen,<br />

einen Teil seiner Forderung zu realisieren. Damit gilt die wenig erbauliche Devise: „Wer zuerst<br />

kommt, malt zuerst.“ Nun sind die Justizministerien des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder der Ansicht, jeder<br />

* Verbraucherzentrale B<strong>und</strong>es<strong>ver</strong>band, Berlin<br />

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