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C Sozialprofile ver- und überschuldeter junger Erwachsener

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PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Gläubiger werde sich im Stile eines „homo oeconomicus“ <strong>ver</strong>halten <strong>und</strong> angesichts der gerichtlichen<br />

Feststellung, dass keine Insolvenzmasse vorhanden <strong>und</strong> zu erwarten ist, keinerlei weitere Kosten in<br />

sinnlose Vollstreckungs<strong>ver</strong>suche investieren. Abgesehen davon, dass dies die Frage aufkommen lässt,<br />

wieso den Gläubigern dann überhaupt die Möglichkeit der Vollstreckung eingeräumt werden soll,<br />

wenn von ihnen erwartet wird, hiervon keinen Gebrauch zu machen, irren sich die Referenten in den<br />

Ministerien. Erste Gläubiger<strong>ver</strong>treter haben sich daher auch bereits entsprechend deutlich geäußert:<br />

„Wir werden mehr vollstrecken <strong>und</strong> nicht weniger.“ Und was diese Prophezeiung dann für die<br />

Schuldner bedeutet, ist leicht auszumalen: acht Jahre Ungewissheit, wann der Gerichtsvollzieher<br />

wieder vor der Tür steht; acht Jahre Ungewissheit, ob die Lohnpfändung den Arbeitgeber zur<br />

Kündigung reizt; mindestens acht Jahre Ungewissheit, ob die Vermittlung in eine neue<br />

Beschäftigung gelingt.<br />

Neben den Nachteilen, die das „treuhänderlose Entschuldungs<strong>ver</strong>fahren“ für Schuldner <strong>und</strong><br />

Gläubiger mit sich bringen würde, würde es zudem die öffentlichen Haushalte über Gebühr strapazieren:<br />

• Der Einspareffekt für die Landesjustizkassen durch die nicht mehr erforderliche Verauslagung<br />

der Kosten für ein Insolvenz<strong>ver</strong>fahren würde durch neue Ausgaben konterkariert, nämlich solche<br />

für neue Antragsformulare, die – für die Schuldner kostenfreie – Bearbeitung der Anträge<br />

„masseloser“ Schuldner durch die Insolvenzgerichte <strong>und</strong> für die stärkere Frequentierung<br />

der Vollstreckungsgerichte. Hier haben zudem mittellose Schuldner, die Vollstreckungsschutz<br />

beantragen, Anspruch auf Prozesskostenhilfe.<br />

• Da Überschuldung ein unbestrittenes Arbeits<strong>ver</strong>mittlungshemmnis ist, würde ein längeres<br />

Verfahren ohne Restschuldbefreiung bei der B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit <strong>und</strong> bei den Kommunen<br />

länger anhaltende Transferzahlungen an die Schuldner auslösen.<br />

• Die Haushalte der Kommunen <strong>und</strong> der Landessozialministerien würden des Weiteren in<br />

Mitleidenschaft gezogen, weil die Schuldnerberatung bei der Existenzsicherung der Schuldner<br />

der erste Ansprechpartner ist.<br />

Um Überschuldungslagen aktiv überwinden <strong>und</strong> präventiv begegnen zu können, bedarf es einer<br />

abgestimmten, ressort- <strong>und</strong> <strong>ver</strong>bandsübergreifenden Strategie <strong>und</strong> ebensolcher Maßnahmen. Für<br />

die Verbraucherinsolvenz bedeutet dies konkret, dass im laufenden Gesetzgebungsprozess<br />

• die negativen, aber eben auch die positiven Erfahrungen mit dem bisherigen Verfahren<br />

auszuwerten sind,<br />

• eine differenzierte Gesetzesfolgenabschätzung auf der Gr<strong>und</strong>lage empirischer Daten<br />

vorzunehmen ist,<br />

• das Ziel der Insolvenzordnung entsprechend des Wortlautes von § 1 zu beachten ist <strong>und</strong><br />

• der Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz <strong>und</strong> das Sozialstaatsprinzip zu wahren sind.<br />

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