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C Sozialprofile ver- und überschuldeter junger Erwachsener

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SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 2.<br />

Biografien<br />

Die Informationen aus den Biografien geben näheren Aufschluss darüber, wie es zu dem Gläubiger<strong>und</strong><br />

Forderungsschwerpunkt bei Telefongesellschaften, Versandhäusern <strong>und</strong> Kreditinstituten bei den<br />

jungen Erwachsenen kommt. Es handelt sich um eine vorläufige erste Analyse des biografischen<br />

Materials.<br />

Männliche Biografien<br />

Die sieben Biografien <strong>junger</strong> Männer stellen selbst<strong>ver</strong>ständlich nur einen qualitativen Ausschnitt aus<br />

dem Uni<strong>ver</strong>sum möglicher Überschuldungsbiografien dar. An ihnen wird jedoch bereits exemplarisch<br />

deutlich, dass Überschuldung eng <strong>ver</strong>woben mit dem Versuch ist, eine gelungene Konstruktion der<br />

eigenen Identität in dem schwierigen Fahrwasser der Moderne herzustellen.<br />

Immerhin fünf der sieben Biografien weisen den Verlust des Vaters durch Scheidung oder Tod auf.<br />

Dies führt zum frühen Versuch, eigen- <strong>und</strong> selbstständig zu leben durch den Bezug einer eigenen<br />

Wohnung. Die damit <strong>ver</strong>b<strong>und</strong>enen Verantwortlichkeiten führen aber anscheinend in mehreren Fällen<br />

zur Überforderung.<br />

„Mit 18 konnte ich das alles nicht so <strong>ver</strong>arbeiten. Ich habe dann sehr viel mit Drogengeschichten<br />

angefangen, bin Verträge eingegangen, ob es ein Auto auf Leasing zu kaufen war oder sehr viele<br />

Handy<strong>ver</strong>träge. Ich habe 4-5 Handy<strong>ver</strong>träge nacheinander abgenutzt. Wenn ich da Schulden hatte<br />

<strong>und</strong> der gesperrt war, habe ich den nächsten abgeschlossen.“<br />

In zwei Fällen bewirkt ein relativ ausgiebiger Cannabis/Haschisch-Konsum, dass Ausbildungsgänge<br />

abgebrochen <strong>und</strong> dadurch Orientierungs- <strong>und</strong> Planlosigkeit <strong>ver</strong>stärkt werden. Denn aus dem Abbruch<br />

der Lehrstellen resultieren Einkommens- <strong>und</strong> Liquiditätseinbrüche, die Schulden im Bereich von<br />

Mietforderungen, Energiekosten oder bei Ratenzahlungen für den Versandhandel nach sich ziehen.<br />

Bei finanziellen Engpässen gehört offensichtlich ebenfalls zu den individuellen Maßnahmen zur Ausgabenreduktion<br />

das ‚Schwarzfahren’ mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Entweder aufgr<strong>und</strong> von fehlender<br />

Cle<strong>ver</strong>ness oder aufgr<strong>und</strong> der Häufigkeit des Schwarzfahrens führt dies bei drei jungen<br />

Männern zu erheblichen Forderungen der örtlichen Verkehrsbetriebe.<br />

Handy-Schulden gehören zu fünf der sieben Biografien. Sie können aber eine durchaus unterschiedliche<br />

Genese haben. In zwei Fällen sind die Handy-Verträge nach <strong>ver</strong>späteten Zahlungen bzw.<br />

Mahnungen fristlos mit Einforderung des Verzugsschadens gekündigt worden. In anderen Fällen sind<br />

über die finanzielle Leistungsfähigkeit hinausgehende Handy-Rechnungen produziert worden. Im<br />

dritten Fall sind aus Gedankenlosigkeit mehrere Handy-Verträge in Folge abgeschlossen worden.<br />

Bis auf eine Ausnahme <strong>ver</strong>schärfen sich bei allen Biografien die jeweiligen Lebenslagen durch<br />

Niedrigeinkommen, sei es aufgr<strong>und</strong> von Ausbildungsentgelten, Studium, Arbeitslosigkeit oder Hartz IV.<br />

Die jungen Männer gehen mit ihrer Überschuldungssituation sehr unterschiedlich um. Drei von ihnen<br />

haben ihren Angehörigen <strong>und</strong> Eltern die Überschuldung aus Scham <strong>ver</strong>schwiegen, ein vierter spricht<br />

nicht mehr mit seiner Familie aufgr<strong>und</strong> deren permanenten Vorwürfen. Das Schamgefühl kann in Einzelfällen<br />

soweit gehen, dass durch den Versuch der Bewältigung von finanziellen Engpässen in der Herkunftsfamilie<br />

ohne zustehende Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, eine eigene Überschuldung eintritt.<br />

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