"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
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die dritte Bekanntmachung über den Kennkartenzwang v. 23. 7.<br />
1938 und werden deshalb kostenpflichtig verurteilt,<br />
Frau P. zu drei Monaten<br />
Frau Sp. zu zwei Monaten Gefängnis Gesamtstrafe<br />
106<br />
Gründe!<br />
Durch die Erklärung <strong>der</strong> <strong>Angeklagte</strong>n, Frau Gertrud Sarah Sp., und<br />
ihres als Be<strong>ist</strong>and zugelassenen Ehemanns, Kaufmann (jetzt Wehrmachtsangehöriger)<br />
Johannes Sp. und ihrer Schwester, und Mitangeklagten,<br />
Frau Felicia Sarah P., und die Zeugenaussagen des Kriminaloberass.<br />
Seeger erscheint folgen<strong>der</strong> Tatbestand erwiesen …<br />
Nachdem durch die Gesetzgebung des Jahres 1938 folgendes<br />
vorgeschrieben war, daß Juden weiblichen Geschlechts zusätzlich<br />
den Vornamen „Sarah“ zu führen und bis zum 1. Februar 1939<br />
beim Standesbeamten <strong>für</strong> ihre Heiratsurkunde davon schriftlich<br />
Anzeige zu erstatten haben und ebenfalls <strong>der</strong> Ortspolizeibehörde<br />
ihres Wohnsitzes und daß sie den zusätzlichen Vornamen führen<br />
müssen, soweit im Rechts- und Geschäftsverkehr die Angabe des<br />
Namens üblich <strong>ist</strong>. Und daß ferner Juden bei <strong>der</strong> zuständigen Polizeibehörde<br />
spätestens am 31. 12. 1938 die Ausstellung einer Kennkarte<br />
zu beantragen, sich dieser Karte in <strong>der</strong> Folgezeit zu bedienen<br />
und sogar bei Anträgen auf amtlichen o<strong>der</strong> parteiamtlichen Dienststellen<br />
unaufgefor<strong>der</strong>t sich als Juden zu bezeichnen haben ... Sie<br />
haben das nicht getan ... Sie haben sogar, offensichtlich bewußt, es<br />
vermieden, bei irgendwelchen Behörden, o<strong>der</strong> Dienststellen Unterschriften<br />
abzugeben, wobei sie die Vornamen verwenden mußten.<br />
Immerhin müssen beide zugeben, daß sie während des Krieges<br />
beim Wirtschaftsamt einigemale Anträge – beson<strong>der</strong>s zur Ausstellung<br />
von Bezugsscheinen <strong>für</strong> Schuhwerk gestellt und dabei nur<br />
ihren seit <strong>der</strong> Kindheit üblichen einen Namen gebraucht zu haben<br />
... Frau Sp. macht geltend, sie sei nie gewöhnt gewesen, irgendwelche<br />
geschäftliche Angelegenheiten o<strong>der</strong> Rechtshandlungen zu<br />
erledigen, das habe immer ihr Ehemann <strong>für</strong> sie besorgt. Der Letztere<br />
bestätigt das und fügt sogar hinzu: „Ich habe mich, weil Parteigenosse,<br />
seinerzeit bei meiner Parte<strong>ist</strong>elle befragt, und den Bescheid<br />
erhalten, es mache nichts aus, daß meine Frau nicht arischer<br />
Abkunft <strong>ist</strong>, und habe mich damit begnügt.“ Insgesamt erklären<br />
beide <strong>Angeklagte</strong>n, wir haben auf die Gesetzgebung des Jahres<br />
1938 nicht in dem Maße geachtet, um daraus Folgerungen zu ziehen.