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"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...

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lag bereits die Anklageschrift des Oberstaatsanwalts beim Landgericht<br />

Frankfurt/O<strong>der</strong> vor. Sie enthielt, minutiös reg<strong>ist</strong>riert, sowohl<br />

die Zeugenaussagen aus dem Ermittlungsverfahren von 1935 als<br />

auch die Aussagen, die durch die Schnüffeleien von O. zusammengetragen<br />

wurden.<br />

Während Paul B. im Ermittlungverfahren gegen ihn nach wie vor<br />

jegliche sexuelle Kontakte zu Irene D. leugnete, gestand Irene, die<br />

in den Vernehmungen von den Ermittlungsbehörden massiv unter<br />

Druck gesetzt worden war, beischlafähnliche Handlungen, in <strong>der</strong><br />

Hoffnung, daß von einer weiteren Verfolgung Abstand genommen<br />

würde. In einem Brief vom 30. Juli 1937 an Paul B. schil<strong>der</strong>te sie ihre<br />

seelische Verfassung und informierte Paul B. über ihre Aussagen.<br />

/DOKUMENT 5 /<br />

B. gab sich bezüglich seines weiteren Schicksals keinen Illusionen<br />

hin. Ein Berufskollege, von B. beauftragt, verkaufte am 9. 8. 1937<br />

B.s Geschäft an den Friseurme<strong>ist</strong>er Willy W. aus Letschin.<br />

Am 2. September 1937 beantragte die Staatsanwaltschaft Frankfurt/O<strong>der</strong><br />

die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Paul B.. Die<br />

Hauptverhandlung fand am 29. Oktober 1937 vor <strong>der</strong> großen Strafkammer<br />

des Landgerichts in Frankfurt/O<strong>der</strong> statt. Auf Antrag <strong>der</strong><br />

Staatsanwaltschaft wurde die Öffentlichkeit „wegen Gefährdung<br />

<strong>der</strong> Sittlichkeit“ 49 von dem Verfahren ausgeschlossen.<br />

Nachdem Paul B. während des Ermittlungsverfahrens noch die intime<br />

Beziehung zu Irene D. geleugnet hatte, bekannte er sich in <strong>der</strong><br />

Hauptverhandlung in einem demütigenden Geständnis /DOKU-<br />

MENT 6/ dazu. Irene D. blieb bei ihrer Aussage, daß es zu keinem<br />

Geschlechtsverkehr im eigentlichen Sinne gekommen sei, da sie auf<br />

Grund ihrer Leiden dazu nicht in <strong>der</strong> Lage sei. Das Gericht sah ihre<br />

Aussagen als unglaubwürdig an und verzichtete auf eine Vereidigung.<br />

Paul B. wurde am 29. Oktober 1937 auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> §§ 2<br />

und 5 Abs. II des Gesetzes zum Schutz des deutschen Blutes und <strong>der</strong><br />

deutschen Ehre zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren unter Anrechnung<br />

<strong>der</strong> Untersuchungshaft verurteilt /DOKUMENT 7/, die er<br />

im Strafgefängnis Tegel verbüßte. Während <strong>der</strong> Haft war er im Gefängnis<br />

als Friseur eingesetzt, und arbeitete er acht Monate auf dem<br />

Berliner Stadtgut.<br />

Nachdem er 20 Monate seiner Haft verbüßt hatte, wandte er sich<br />

mit einem Gnadengesuch an die Staatsanwaltschaft. In einem Gut-<br />

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