"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
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Mit dem Gesetz zur Behebung <strong>der</strong> Not von Volk und Reich, das<br />
mit dem Tag seiner Verkündung, dem 24. März 1933, in Kraft trat,<br />
ging die legislative Gewalt im wesentlichen auf die Exekutive über.<br />
Vier Monate später erklärte das Gesetz gegen die Neubildung von<br />
Parteien die NSDAP zur einzigen Partei in Deutschland. Alle an<strong>der</strong>en,<br />
bis dahin noch legal agierenden politischen Kräfte schlossen die<br />
Nationalsozial<strong>ist</strong>en aus dem Prozeß <strong>der</strong> politischen Willensgebung<br />
aus. Ihre Parteien wurden entwe<strong>der</strong> verboten o<strong>der</strong> zur „freiwilligen“<br />
Selbstauflösung gezwungen. 6 Der Reichsrat, als Vertretung <strong>der</strong><br />
deutschen Län<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Gesetzgebung und Verwaltung des deutschen<br />
Reiches, wurde am 14. Februar 1934 aufgelöst. 7 Nach dem<br />
Tode des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gingen dessen Befugnisse<br />
auf Adolf Hitler über. Somit konzentrierte sich die gesamte<br />
Macht in <strong>der</strong> Person des „Führers und Reichskanzlers“ Adolf Hitler.<br />
Als Leitlinien des nationalsozial<strong>ist</strong>ischen Rechtssystems, die mehr<br />
o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> alle Rechtsgebiete durchzogen, wirkten das Führerprinzip,<br />
das Son<strong>der</strong>recht (Rassenrecht) als Instrument <strong>für</strong> die geplanten<br />
Diskriminierungen und die Einheitspartei. 8 Das Gesetz zur<br />
Sicherung <strong>der</strong> Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember 1933<br />
sanktionierte das weltanschauliche Monopol <strong>der</strong> NSDAP. 9<br />
Den zentralen Angriffspunkt <strong>der</strong> Nationalsozial<strong>ist</strong>en am bisherigen<br />
Rechtssystems stellte dessen liberaler, individualrechtlicher Charakter<br />
dar. Die bürgerliche Gesetzgebung und die Verfassung <strong>der</strong> Weimarer<br />
Republik hatten die Gleichheit aller deutschen Staatsbürger<br />
unabhängig von ihremGeschlecht, ihrer Religion o<strong>der</strong> Rasse vor dem<br />
Gesetz postuliert. Allen Staatsbürgern oblagen in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
die gleichen Rechte und Pflichten. 10 An die Stelle dessen setzten die<br />
Nationalsozial<strong>ist</strong>en die völkische Gleichheit. Das „Rassenrecht“ als<br />
Son<strong>der</strong>recht war bereits das beherrschende Thema des ersten Deutschen<br />
Jur<strong>ist</strong>entages, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> nationalsozial<strong>ist</strong>ischen Machtergreifung<br />
im September 1933 in Leipzig stattfand.<br />
Im Kontext <strong>der</strong> Diskussion um die Revision des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />
(BGB) vermerkte <strong>der</strong> Senatspräsident des Preußischen<br />
Oberverwaltungsgerichts Karl Larenz 11 1934: „Nicht als Individuum,<br />
als Mensch schlechthin o<strong>der</strong> als Träger einer abstrakt-allgemeinen<br />
Vernunft habe ich Rechte und Pflichten und die Möglichkeit,<br />
Rechtsverhältnisse zu gestalten, son<strong>der</strong>n als Glied einer sich im<br />
Recht ihre Lebensform gebende Gemeinschaft, <strong>der</strong> Volksgemeinschaft.<br />
Nur als in Gemeinschaft lebendes Wesen, als Volksgenosse,<br />
<strong>ist</strong> <strong>der</strong> Einzelne eine konkrete Persönlichkeit. Nur als Glied <strong>der</strong> Volks-<br />
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