"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DOKUMENT 4<br />
Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt gegen Clara H.<br />
vom 20. Januar 1934: 42<br />
Im Namen des Reiches!<br />
In <strong>der</strong> Disziplinarsache gegen den Postass<strong>ist</strong>enten i. R. (weiblich)<br />
Clara H. aus Schönlanke … hat die Reichsdisziplinarkammer in<br />
Frankfurt (O<strong>der</strong>) in <strong>der</strong> Sitzung vom 20. Januar 1934 … <strong>für</strong> Recht<br />
erkannt:<br />
Die Angeschuldigte <strong>ist</strong> des Dienstvergehens schuldig. Ihr wird <strong>der</strong><br />
Anspruch auf Amtsbezeichnung und Ruhegeld aberkannt, doch<br />
werden ihr drei Viertel des gesetzlichen Ruhegeldes auf Lebenszeit<br />
belassen. Die Angeschuldigte hat auch die baren Auslagen des Verfahrens<br />
zu erstatten.<br />
Gründe<br />
… Die dienstlichen Le<strong>ist</strong>ungen <strong>der</strong> Angeschuldigten waren in allen<br />
Stellen mangelhaft; sie hat auch in <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung<br />
zugegeben, daß ihr öfter Fehler unterlaufen sind. 43 Da die Angeschuldigte<br />
nicht als volle<strong>ist</strong>ungsfähig angesehen werden konnte,<br />
kam im Juli 1933 ihre Zuruhesetzung auf Grund des § 6 des Gesetzes<br />
zur Wie<strong>der</strong>herstellung des Berufsbeamtentums vom<br />
7. 4. 1933 in Frage. Von einer sofortigen Zurruhesetzung wurde jedoch<br />
zunächst abgesehen, weil nach neueren Richtlinien des<br />
Reichspostmin<strong>ist</strong>eriums Beamte nur insoweit in den Ruhestand zu<br />
versetzen waren, als <strong>für</strong> sie ein Ersatz unmittelbar o<strong>der</strong> mittelbar<br />
nicht erfor<strong>der</strong>lich war, was im vorliegenden Fall nicht zutraf.<br />
Im September 1933 mußte jedoch von neuem das Zurruhesetzungsverfahren<br />
eingeleitet werden, jetzt auch wegen unsittlichen<br />
und unwürdigen Verhaltens <strong>der</strong> Angeschuldigten, das zu einer aufsehenerregenden<br />
öffentlichen Kundgebung in Schönlanke am<br />
9. 9. 33 geführt hatte … Es war <strong>der</strong> Bevölkerung in Schönlanke<br />
nicht unbekannt geblieben, daß die Angeschuldigte seit längerer<br />
Zeit mit dem geschiedenen jüdischen Kaufmann St. verkehrte … Sie<br />
hat sich durch ihr unmoralisches Verhalten einer Verletzung ihrer<br />
Amtspflicht als Reichsbeamter schuldig gemacht und <strong>der</strong> Achtung,<br />
die ihr Beruf erfor<strong>der</strong>t, unwürdig gezeigt. Als Frau mußte sie ganz<br />
beson<strong>der</strong>en Wert darauf legen, daß ihr sittliches Verhalten nicht in<br />
Zweifel gezogen werden konnte, und daß <strong>der</strong> gute Ruf als Beam-<br />
37