"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
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gemeinschaft hat er seine Ehre, genießt er Achtung als Rechtsgenosse.<br />
Rechtsgenosse zu sein, das heißt im Recht zu leben und eine<br />
bestimmte Gliedstellung auszufüllen, <strong>ist</strong> also ein Vorrecht des<br />
Volksgenossen. Es <strong>ist</strong>, wenn man so will, eine beson<strong>der</strong>e Qualität<br />
nicht des Menschen schlechthin, son<strong>der</strong>n des Volksgenossen.“ 12 Für<br />
die Neugestaltung des §1 des BGB for<strong>der</strong>te er, an Stelle <strong>der</strong> jedem<br />
Menschen zugesprochenen Rechtsfähigkeit die Formulierung zu<br />
setzen: „Rechtsgenosse <strong>ist</strong> nur, wer Volksgenosse <strong>ist</strong>; Volksgenosse<br />
<strong>ist</strong>, wer deutschen Blutes <strong>ist</strong>.“ 13 Die Begriffe Volksgemeinschaft und<br />
Gefolgschaft waren von Anbeginn an völkisch-rass<strong>ist</strong>isch, als Gemeinschaft<br />
sogenannter Gleichrassiger charakterisiert. 14 In einem<br />
Aufsatz über die Nebengesetzgebung im Hinblick auf das Strafrecht<br />
stellte <strong>der</strong> Autor, Min<strong>ist</strong>erialrat Grau aus dem Reichsjustizmin<strong>ist</strong>erium,<br />
dem Recht des Individuums das Recht des Volkes gegenüber.<br />
„Dabei versteht er (<strong>der</strong> Nationalsozialismus – A. P.) unter dem Volk<br />
nicht eine zügellose Masse, nicht eine seelenlose Summierung <strong>der</strong><br />
einzelnen in Deutschlands Grenzen lebenden Menschen. Volk <strong>ist</strong><br />
ihm ein lebendiger Organismus mit eigenem blut- und bodengebundenen<br />
Lebensrechten. Volk <strong>ist</strong> ihm die disziplinierte Gemeinschaft<br />
aller deutschen Volksgenossen, die sich willig dem gemeinsamen<br />
Aufbauziel unterordnen. Diese Gemeinschaft des deutschen<br />
Volkes muß das künftige Strafgesetzbuch schützen. Es wird die<br />
Volksgemeinschaft schützen vor verräterischen Handlungen gegen<br />
ihren Bestand; es wird die rassischen Grundlagen des völkischen Lebens<br />
als kostbares Gut und sichere Gewähr <strong>für</strong> ein ewiges Fortleben<br />
des Volkes hüten; es wird auch die Ehre des Volkes in ganz an<strong>der</strong>em<br />
Maße als das liberale Strafrecht in seinen Schutz nehmen.“ 15<br />
Eine pseudotheoretische Grundlage, mit <strong>der</strong> die rass<strong>ist</strong>ische Politik<br />
justiziabel wurde, lieferte u.a. <strong>der</strong> Jur<strong>ist</strong> Carl Schmitt mit seinem<br />
„Freund-Feind-Denken“ als politischer Umschreibung des Rassenhasses.<br />
Schmitt reduzierte das Wesen aller Politik auf ein „Freund-<br />
Feind-Verhältnis“ zwischen Menschen eines Landes bzw. zwischen<br />
einzelnen Staaten. Seine Definition des Kampfes gegen den Feind<br />
implizierte dessen physische Vernichtung. „Die Begriffe Freund,<br />
Feind und Kampf erhalten ihren realen Sinn dadurch, daß sie insbeson<strong>der</strong>e<br />
auf die reale Möglichkeit <strong>der</strong> physischen Vernichtung Bezug<br />
haben und behalten.“ 16<br />
Die Rechtsprechung im Nationalsozialismus ging von <strong>der</strong> rass<strong>ist</strong>isch<br />
determinierten Ungleichheit <strong>der</strong> Menschen aus. Diese Entwicklung<br />
setzte sich schrittweise, in Abkehr von bestehenden Ge-<br />
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