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"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...

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schen Gefangenen. Unter Kriesches Leitung erfolgte die Deportation<br />

<strong>der</strong> Brandenburger Juden in die Vernichtungslager. Zeitzeugen<br />

berichten, daß er sich „im Polenlager, gegenüber den Frauen und<br />

Mädchen, unerhörte Exzesse, zum Teil auch sexueller Art zuschulden<br />

kommen ließ.“ 11 Beim Einmarsch <strong>der</strong> Roten Armee in Brandenburg<br />

nahm sich Kriesche das Leben.<br />

Am 6. Oktober 1938 eilte Kriesche umgehend zum Ort des Geschehens,<br />

dem Grundstück des Josef Sch. in <strong>der</strong> damaligen Adolf -<br />

Hitler - Straße 152 (heute St. - Annen - Straße). Auf dem Grundstück<br />

traf er den Brandenburger Rabbiner Josef R., den Kaufmann Josef<br />

Sch. und dessen Ehefrau an. Es war ersichtlich, daß vier Hühner auf<br />

rituelle Weise geschlachtet worden waren. R. und Sch. bekannten<br />

sich zu <strong>der</strong> rituellen Schlachtmethode, wiesen aber darauf hin, die<br />

Hühner vorher mit einem Hammer betäubt zu haben. Der Poliz<strong>ist</strong><br />

nahm R., Sch. und dessen Frau trotzdem fest. In den Vernehmungen<br />

bestätigten die Verhafteten, wie<strong>der</strong>holt Hühner, die sie von einem<br />

Brandenburger Bauern gekauft hatten, auf traditionelle Weise geschlachtet<br />

zu haben, aber nie ohne sie betäubt zu haben. Dieser Aussage<br />

stellte die Kriminalpolizei das Gutachten des Tierarztes entgegen,<br />

<strong>der</strong> eine vorherige Betäubung <strong>der</strong> Tiere ausschloß. Darüberhinaus<br />

bezeichnete Kriesche das Schlachtmesser als „außerordentlich<br />

stumpf“ und bezeichnete die Schächtung deshalb „als eine beson<strong>der</strong>s<br />

schwere Tierquälerei“ 12 , erfolgte die Verurteilung wegen Tierquälerei<br />

in Tateinheit mit Vergehen gegen die 1, 3 des Gesetzes über<br />

das Schlachten von Tieren in Verbindung mit <strong>der</strong> Verordnung über<br />

das Schlachten von Tieren. Mil<strong>der</strong>nde Umstände fanden in <strong>der</strong> Urteilsbegründung<br />

ebensowenig Berücksichtigung wie das tierärztliche<br />

Gegengutachten, das <strong>der</strong> Verteidiger in Auftrag gegeben hatte.<br />

Mit dem Verweis in <strong>der</strong> Urteilsbegründung, daß die <strong>Angeklagte</strong>n Juden<br />

und somit nur Gäste in Deutschland seien, 13 trennte <strong>der</strong> den Prozeß<br />

führende Staatsanwalt, Amtsgerichtsrat Hausmann, die <strong>Angeklagte</strong>n<br />

von <strong>der</strong> nichtjüdischen Bevölkerung <strong>der</strong> Stadt Brandenburg.<br />

Das Urteil mußte seiner Ansicht nach so hoch sein, „da es sich ...um einen<br />

Fall handle, <strong>der</strong> als Exempel zu Abschreckung zu dienen habe.“ 14<br />

Die <strong>Angeklagte</strong>n waren keine gebürtigen Brandenburger. Josef R.<br />

war am 30. April 1891 in Gladenbach geboren. Er hatte in Kassel<br />

das jüdische Lehrerseminar besucht. Als Lehrer hatte er in Gel<strong>der</strong>n,<br />

Bünde und Hameln gearbeitet. Unterbrochen worden war seine<br />

pädagogische Tätigkeit nur durch den ersten Weltkrieg. Im November<br />

1914 eingezogen, war er bis zum Ende des Krieges trotz<br />

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