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"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...

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teile. Ein wichtiges Moment bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Fälle stellte <strong>der</strong>en<br />

Aussagefähigkeit über das Verhalten <strong>der</strong> Umwelt <strong>der</strong> Betroffenen dar.<br />

Generell <strong>ist</strong> anzumerken, daß kein einziger ermittelter „Rassenschandeprozeß“<br />

in <strong>der</strong> Provinz Brandenburg durch Recherchen <strong>der</strong><br />

Gestapo zustande kam. Die Anzeigen kamen aus <strong>der</strong> Bevölkerung,<br />

oft aus dem sehr persönlichen Umfeld <strong>der</strong> Betroffenen, bzw. waren<br />

das „Nebenprodukt“ von Verhören in an<strong>der</strong>en Zusammenhängen.<br />

Die Initiierung <strong>der</strong> „Rassenschandefälle“ weicht diesbezüglich nicht<br />

von <strong>der</strong> Anzeigepraxis in an<strong>der</strong>en Territorien ab. 23 Diesen Denunziationen<br />

lag ein breites Spektrum an Motiven zugrunde 24 , die nicht<br />

selten miteinan<strong>der</strong> korrespondierten: echter Judenhaß, Sexualneid,<br />

(Irene D. – Paul B.), die Rache von verschmähten Geliebten (Else<br />

Schw., Liesbeth F. – Günther S.), Opportunismus (Eva und Johanna<br />

K. – Hans Günther Kr.).<br />

Die durchschnittliche Hafthöhe <strong>der</strong> wegen „Rassenschande“ Verurteilten<br />

in <strong>der</strong> Provinz Brandenburg lag bei 2 Jahren Zuchthaus,<br />

wobei eine deutliche Zunahme <strong>der</strong> Strafschärfe zu verzeichnen <strong>ist</strong>,<br />

die sich exemplarisch in den dokumentierten Fällen wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />

Paul B. wurde 1937 noch zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Günther<br />

Kr., <strong>der</strong> sechs Jahre später unter den Bedingungen des Krieges<br />

und nach <strong>der</strong> Entscheidung zum systematischen Mord an den Juden<br />

verurteilt wurde, erhielt eine Zuchthausstrafe von 2 Jahren.<br />

Verglichen mit Verurteilungen in an<strong>der</strong>en Regionen bewegten<br />

sich die Urteile <strong>der</strong> Brandenburger Justiz im allgemein üblichen Rahmen.<br />

Allerdings kam es in <strong>der</strong> Provinz Brandenburg offensichtlich<br />

bei den Verurteilungen nicht zu extrem hohen Strafen. In Hamburg<br />

wurden 27,2%, in Frankfurt a.M. 16,3% und in Köln 6,4% <strong>der</strong> jüdischen<br />

<strong>Angeklagte</strong>n zu Zuchthausstrafen von 5 und mehr Jahren<br />

verurteilt. In Köln wurden bezüglich <strong>der</strong> nichtjüdischen <strong>Angeklagte</strong>n<br />

in 4,5% und in Hamburg in 2,3% <strong>der</strong> Fälle Zuchthausstrafen<br />

über fünf Jahre ausgesprochen. In Frankfurt a.M. bewegte sich das<br />

Höchstmaß <strong>der</strong> Strafen gegen nichtjüdische Verurteilte bei vier Jahren<br />

Zuchthaus. 25 Auch sind Todesurteile in Brandenburg in diesem<br />

Kontext bisher nicht nachweisbar. 26<br />

Bereits bevor die Nürnberger Gesetze sexuelle Beziehungen zwischen<br />

Juden und Nichtjuden kriminalisierten, erfolgten auf <strong>der</strong><br />

Grundlage des Gesetzes zur Wie<strong>der</strong>einführung des Berufsbeamtentums<br />

Verfolgungen und berufliche Maßregelungen bei Bekanntwerden<br />

<strong>der</strong>artiger Beziehungen.<br />

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