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"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...

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achten an die Staatsanwaltschaft lehnte <strong>der</strong> Vorstand des Gefängnisses<br />

eine Begnadigung ab, „da das Gericht Mil<strong>der</strong>ungsgründe bereits<br />

in hinreichendem Maße berücksichtigt hat.“ 50<br />

Nach Verbüßung seiner Haft <strong>ist</strong> Paul B. nicht mehr nach Golzow<br />

zurückgekehrt. Aus Genschmar bat er um die Zurückziehung des<br />

Kostenansatzes von 960,– RM <strong>für</strong> seine Haftzeit. Er begründete<br />

dies, daß er während <strong>der</strong> Haft stets tätig gewesen <strong>ist</strong> und so <strong>der</strong><br />

Haftanstalt auch Gewinn einbrachte. Gleichzeitig verwies er auf seine<br />

ruinöse soziale Lage. „Da ich im Alter von 54 Jahren und durch<br />

die Haftzeit nicht mehr in <strong>der</strong> Lage bin, eine intensive Arbeit zu le<strong>ist</strong>en<br />

und ich meine Ex<strong>ist</strong>enz ganz verloren habe, auch in keiner Altersversorgung<br />

bin, käme es einer vollständigen Vernichtung gleich.<br />

Zur Zeit als Angestellter zur Aushilfe, habe ich die Absicht, die Restkosten<br />

<strong>der</strong> Untersuchungshaft zu bezahlen und versuche, wie<strong>der</strong> eine<br />

Ex<strong>ist</strong>enz aufzubauen, um wie<strong>der</strong> in geordnete Verhältnisse zu<br />

kommen, da ich auch sonst von meinen Angehörigen <strong>für</strong> immer abfallen<br />

würde.“ 51<br />

Der Bitte von B. wurde nicht entsprochen. In <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>der</strong><br />

40er Jahre verließ er das O<strong>der</strong>bruch und zog in den Harz nach Tanne.<br />

Hier verliert sich seine Spur.<br />

Irene D. wurde in Folge des Verfahrens gemäß <strong>der</strong> Heydrich-Direktive<br />

vom 12. Juni 1937 in Sonnenburg inhaftiert. 52 Von dort wurde<br />

sie in eines <strong>der</strong> Vernichtungslager im Osten deportiert und ermordet.<br />

Auch ihre Tochter Ruth wurde in Auschwitz ermordet.<br />

Dem Sohn Heini gelang es dank einer einzigartigen Rettungsaktion<br />

– <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>transportbewegung – Deutschland zu verlassen. Eine<br />

kleine Gruppe einflußreicher Briten organisierte 1938/1939, finanziert<br />

durch Spendengel<strong>der</strong>, <strong>für</strong> zehntausende jüdische Kin<strong>der</strong><br />

aus Deutschland, Österreich und <strong>der</strong> Tschechoslowakei die Einreise<br />

nach Großbritannien und ihre Unterbringung. Die Emigration bedeutete<br />

<strong>für</strong> die Kin<strong>der</strong> die Trennung von ihren Eltern, die in den me<strong>ist</strong>en<br />

Fällen Opfer des fasch<strong>ist</strong>ischen Genozids an den Juden wurden.<br />

53 Irene D.‘s Sohn <strong>ist</strong> nie nach Deutschland zurückgekehrt und<br />

lebt heute mit seiner Familie in Großbritannien. Die Häuser, in denen<br />

Irene D. und Paul B. lebten, sind nicht mehr vorhanden. Sie wurden<br />

in den letzten Monaten des Krieges zerstört.<br />

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