"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
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ewige Jude“ bildet eine Sequenz, in <strong>der</strong> eine Schächtung äußerst brutal<br />
und ekelerregend, das Schächtritual verfälschend, dargestellt wird.<br />
Der hier dokumentierte Fall aus <strong>der</strong> Stadt Brandenburg ereignete<br />
sich im Herbst 1938 unmittelbar vor dem Novemberpogrom. Es war<br />
die Zeit <strong>der</strong> sich verschärfenden antisemitischen Maßnahmen, die<br />
seit Ende 1937 vor allem auf die Verdrängung <strong>der</strong> Juden aus <strong>der</strong><br />
Wirtschaft zielten. 9 Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den<br />
Brandenburger Dokumenten wie<strong>der</strong>. Der Schächtfall wird genutzt,<br />
um das Vorgehen gegen die Juden zu begründen.<br />
Das Schlachten <strong>der</strong> Hühner<br />
Die Verurteilung von Josef Sch. und Josef R.<br />
Brandenburg a. H. 1938<br />
Am 4. November, fünf Tage bevor in Deutschland die Synagogen<br />
brannten, verurteilte das Schöffengericht in Brandenburg den Brandenburger<br />
Rabbiner Josef R., den Kaufmann Josef Sch. und dessen<br />
Ehefrau Amalie zu einer Haftstrafe. R. wurde zu fünf Monaten, Sch.<br />
zu drei und seine Ehefrau zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Die<br />
Verurteilung basierte auf dem Gesetz über das Schlachten von Tieren<br />
vom 21. April 1933 und <strong>der</strong> einen Tag später erlassenen Verordnung<br />
über das Schlachten von Tieren.<br />
Die Verurteilten hatten einen Monat zuvor, am Nachmittag des<br />
6. Oktober 1938, auf dem Grundstück von Josef Sch. auf rituelle<br />
Weise vier Hühner geschlachtet. Sie wollten das Fleisch zum Laubhüttenfest<br />
zubereiten. Wie in den me<strong>ist</strong>en Fällen war die Ermittlung<br />
durch eine Denunziation in Gang gekommen. 10 /Dokument 1/ Die<br />
Anzeige war beim Chef <strong>der</strong> politischen Abteilung <strong>der</strong> Brandenburger<br />
Kriminalpolizei Kriesche eingegangen. Fast zeitgleich hatte <strong>der</strong><br />
Führer des SA-Sturmbanns I/35, <strong>der</strong> auch auf vertrauliche Informationen<br />
zurückgreifen konnte, R. und Sch. wegen des gleichen Delikts<br />
bei <strong>der</strong> Gestapo angezeigt. /Dokument 2/<br />
Kriesche war ein überzeugter Parteigänger <strong>der</strong> Nazis. Durch Protektion<br />
des Brandenburger Oberbürgerme<strong>ist</strong>ers Sievers hatte er innerhalb<br />
kurzer Zeit ohne spezielle Ausbildung und Prüfung die Karriere<br />
vom kleinen Polizeibeamten zum Leiter <strong>der</strong> politischen Polizei<br />
gemacht. Kriesche galt als beson<strong>der</strong>s brutal gegenüber den politi-<br />
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