"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
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Wenn das Gericht bei dieser Sachlage von einer Zuchthausstrafe<br />
absieht, so stellt es dabei weitgehend die Verhältnisse des <strong>Angeklagte</strong>n,<br />
sein unerquickliches Familienleben, die enge Nachbarschaft<br />
zu <strong>der</strong> Jüdin und <strong>der</strong>en Persönlichkeit in Rechnung, die darauf<br />
schließen läßt, daß sie den <strong>Angeklagte</strong>n zur Befriedigung ihres<br />
regen Geschlechtstriebes ausgenutzt hat …<br />
Die Anzeige <strong>der</strong> Schwester<br />
Der Fall Günther S. – Else Schw./Liesbeth F.<br />
Fürstenwalde/Spree 1936<br />
In <strong>der</strong> ersten Septemberhälfte 1936 erschien beim Propagandaleiter<br />
<strong>der</strong> NSDAP in Fürstenwalde/Spree die 32jährige Else Schw. und<br />
zeigte den 29jährigen Friseurgehilfen Günther S., <strong>der</strong> als Untermieter<br />
bei ihrer Mutter lebte, <strong>der</strong> sogenannten rassenschän<strong>der</strong>ischen<br />
Beziehung mit ihrer sechs Jahre älteren und verheirateten Schwester<br />
Liesbeth F. an. /DOKUMENT 1/ Die Anzeige von Else Sch. führte<br />
am 19. September 1936 zur Verhaftung von S. und Liesbeth F.<br />
Die Denunziantin handelte in Übereinstimmung mit ihrer Mutter.<br />
/DOKUMENT 2/ Ob sie eigene Schuldgefühle o<strong>der</strong> Eifersucht und<br />
Haß auf die Schwester trieben, läßt sich heute aus den Akten schwer<br />
klären. Eine fast trivial wirkende Affäre, die unter an<strong>der</strong>en Umständen<br />
schlimmstenfalls vor dem Scheidungsrichter geendet hätte,<br />
nahm durch diese Anzeige auf Grund <strong>der</strong> Nürnberger Gesetzgebung<br />
ihren tödlichen Verlauf.<br />
Am Bußtag 1935 hatte S. <strong>der</strong> Bitte Else Schw.‘s entsprochen, und<br />
sie abends nach einem Besuch bei ihrer Mutter nach Hause begleitet.<br />
Else Schw. bewohnte mit ihrem Verlobten eine eigene Wohnung.<br />
Auf dem Heimweg erklärte die junge Frau, sie habe noch eine<br />
Flasche Wein, die man zusammen trinken könne. S. folgte dieser<br />
Einladung und le<strong>ist</strong>ete auch <strong>der</strong> ziemlich eindeutigen Auffor<strong>der</strong>ung<br />
Elses, mit ihr zu schlafen, keinen Wi<strong>der</strong>stand. Der Verlobte von<br />
Else hielt sich in Berlin auf.<br />
Weihnachten 1935 lud die Schwester von Else Schw., Liesbeth F.,<br />
den Untermieter ihrer Mutter zum Mittagessen ein, da sie dessen<br />
schlechte wirtschaftliche Lage kannte. S. baute <strong>für</strong> den Adoptivsohn<br />
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