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"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...

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Das Beurkunden <strong>der</strong> Namensän<strong>der</strong>ung hatte sich als schwierig erwiesen,<br />

da <strong>der</strong> Geburtsort von M. auf Grund von Gebietsabtretungen<br />

– bedingt durch den Versailler Vertrag – 1938 zum polnischen<br />

Staat gehörte.<br />

Drei Tage nachdem <strong>der</strong> Staatsanwalt die Anklageschrift verfaßt hatte,<br />

schrieb M. erneut einen Brief an die Oberfinanzdirektion, in dem<br />

er bat, Familienangehörige finanziell unterstützen zu dürfen. M.<br />

verfügte über das nicht geringe Vermögen von 80000,– Reichsmark.<br />

Auch in diesem Schreiben verzichtete er auf den zusätzlichen<br />

Vornamen. Diesmal ging <strong>der</strong> Brief von <strong>der</strong> Oberfinanzdirektion in<br />

Urschrift an die Gestapo in Frankfurt/O<strong>der</strong>, die wie<strong>der</strong>um die<br />

Staatsanwaltschaft informiert. Am 28. Februar 1942 sperrte die Gestapo<br />

Frankfurt/O<strong>der</strong> das Konto von M. bei <strong>der</strong> Dresdner Bank.<br />

Mitgefühl und Solidarität mit den früheren Mitbewohnern waren<br />

selten. Zu den in dem gesamten Aktenmaterial sehr raren Zeugnissen<br />

menschlichen Handelns zählt <strong>der</strong> Brief <strong>der</strong> Wirtschafterin von<br />

M., Clara H., die M. mit <strong>der</strong> Klärung <strong>der</strong> Angelegenheit beauftragt<br />

hatte. Sie bat am Ende eines Briefes an das Amtsgericht Guben,<br />

„von einer weiteren Verfolgung abzusehen.“ 12 /DOKUMENT 3/<br />

Kurz bevor <strong>der</strong> Prozeß vor dem Amtsgericht Guben stattfand,<br />

mußte M. seine Wohnung verlassen und in die Gubener Baracken<br />

am Schlagsdorfer Weg, die als Wohngebiet <strong>für</strong> sozial Schlechtgestellte<br />

galten, ziehen. In einem Brief vom 15. April 1942 an das<br />

Amtsgericht teilt er diesen Umzug mit und bittet sein Nichterscheinen<br />

beim Prozeß mit seiner körperlichen Schwäche zu entschuldigen.<br />

/DOKUMENT 4/<br />

Am 23. April 1942 verhandelte das Amtsgericht Guben gegen<br />

Gustav M. in dessen Abwesenheit und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe<br />

von zwei Monaten, die aber auf Grund bestätigter<br />

Haftunfähigkeit als Geldstrafe in Höhe von 300,– Reichsmark vollstreckt<br />

wurden. /DOKUMENT 5/ Am 29. April 1942 bat M. die<br />

Dresdner Bank, bei <strong>der</strong> er sein Konto hatte, um die Regelung <strong>der</strong><br />

Überweisung. /DOKUMENT 6/ Die Bank ihrerseits übersandte den<br />

Brief dem Gubener Amtsgericht. /DOKUMENT 7/ Am 9. Mai 1942<br />

erhielt die Gerichtskasse die Zahlung <strong>der</strong> Strafe.<br />

1942 wurden auch die Gubener Juden in die Vernichtungslager im<br />

Osten deportiert; so auch <strong>der</strong> 86jährige Gustav M.. Zuvor hatte <strong>der</strong><br />

einst angesehene Gubener Bürger alle Stufen <strong>der</strong> Entrechtung<br />

durchlaufen müssen. Seine Familienangehörigen in Frankfurt am<br />

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