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"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...

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an die Oberpostdirektion Frankfurt/O<strong>der</strong> vom 20. Januar 1934 in<br />

<strong>der</strong> Gewährung eines Teils des Ruhestandsgeldes „eine zu weitgehende<br />

Milde“ 32 und empfahl, in die Berufung zu gehen. Am 9. Februar<br />

1934 legte <strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft bei <strong>der</strong><br />

Reichsdiziplinarkammer Frankfurt/O<strong>der</strong> auf Anweisung des Reichspostmin<strong>ist</strong>ers<br />

Berufung ein, die er dahingehend begründete, daß die<br />

Betroffene „erst im 41. Lebensjahr (steht), (…) kräftig und gesund<br />

(<strong>ist</strong>). Nach einer Übergangszeit, <strong>für</strong> die ihr ein Teilruhegehalt zu bewilligen<br />

sein wird, wird sie Gelegenheit finden, sich in einem weiblichen<br />

Beruf Geld zu erwerben.“ 33<br />

Clara H. for<strong>der</strong>te die Aufhebung des Urteils und die Zahlung des<br />

vollen Ruhestandsgeldes. Sie führte aus „daß, solange ein gesetzliches<br />

Verbot <strong>der</strong> Ehe nicht besteht, meine damaligen Beziehungen<br />

mit Herrn St. zum Zwecke einer Eheschließung nicht von meinen<br />

Richtern entgegen den gesetzlichen Bestimmungen als strafbar angesehen<br />

werden kann, und daß <strong>für</strong> die Begründung meiner Strafbarkeit<br />

nicht die ‚allgemeine Volksanschauung‘, son<strong>der</strong>n lediglich<br />

das Gesetz angeführt werden kann.“ 34<br />

Der Reichsdisziplinarhof in Leipzig verwarf die Berufung von Clara<br />

H. als „nicht begründet“ 35 . In <strong>der</strong> Urteilsbegründung wurde ebenso<br />

wie im Urteil <strong>der</strong> Reichsdisziplinarkammer in Frankfurt/O<strong>der</strong> das<br />

„gesunde Volksempfinden“ wie<strong>der</strong>holt als neue konkrete Rechtsquelle<br />

zur Urteilsbegründung herangezogen, die über den gesetzlichen<br />

Bestimmungen stand. Der Reichsdisziplinarhof in Leipzig gab<br />

dem Einspruch des Beamten <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft statt, in dem die<br />

Zahlung einer Summe in <strong>der</strong> Höhen von drei Vierteln des Ruhestandsgeldes<br />

auf sechs Jahre begrenzt wurde. 36 /DOKUMENT 5/<br />

Über das weitere Schicksal von Clara H. ließ sich bisher nichts ermitteln.<br />

Die in Schönlanke geborenen Gebrü<strong>der</strong> St. wurden ermordet.<br />

34

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