"... der Angeklagte ist Jude" - Brandenburgische Landeszentrale für ...
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kennen und beobachtet zu haben, daß sich B. häufig in <strong>der</strong> Wohnung<br />
von Irene D. aufhielt. Über den Charakter <strong>der</strong> Beziehung konnten sie<br />
keine Auskunft geben. Man wußte nichts Genaues, aber dachte sich<br />
seinen Teil.<br />
Auf Grund <strong>der</strong> aus Gerüchten zustande gekommenen Anzeige<br />
führte die Staatsanwaltschaft Frankfurt/O<strong>der</strong> vom Dezember 1935<br />
bis Februar 1936 ein Ermittlungsverfahren durch. Sowohl Paul B. als<br />
auch Irene D., die als Zeugin vernommen wurde, leugneten ihre Beziehung.<br />
/DOKUMENT 2/<br />
Neben dem Zeugen Th., <strong>der</strong> seine Aussage vom 24. November<br />
dahingehend präzisierte, daß er aus <strong>der</strong> von ihm beobachteten Stellung<br />
von B. vermute, daß dieser mit Irene D. verkehre, es aber nicht<br />
direkt gesehen habe, 48 brachte Gendarm Schöning zwei weitere Belastungszeuginnen<br />
bei. Diese beiden Frauen belasteten B. mit Äußerungen,<br />
die dieser im betrunkenen Zustand über Irene D. gemacht<br />
habe, und aus denen die Zeuginnen auf eine intime Beziehung zwischen<br />
Paul B. und Irene D. schlossen. /DOKUMENT 3/<br />
Angesichts dieser sehr allgemeinen Aussagen stellte die Staatsanwaltschaft<br />
Frankfurt/O<strong>der</strong> im Februar 1936 das Ermittlungsverfahren<br />
aus Mangel an ausreichenden Beweisen ein.<br />
An<strong>der</strong>thalb Jahre später aber wurde die Beziehung zwischen Irene<br />
D. und Paul B. erneut Gegenstand gerichtlicher Untersuchungen.<br />
Am 12. Juni 1937 erstattete Gendarmerie-Hauptwachme<strong>ist</strong>er Sch.<br />
Anzeige gegen Paul B. und Irene D.; diesmal sofort beim Oberstaatsanwalt<br />
in Frankfurt/O<strong>der</strong>.<br />
Im Januar 1937 war Paul B. mit seinem Laden aus dem Haus von<br />
Irene D. ausgezogen. Als neuer Mieter eröffnete <strong>der</strong> Friseurme<strong>ist</strong>er<br />
Willy O. dort ein Geschäft. Der neue Mieter war nicht Willens, die Besuche<br />
B.s. bei Irene auf sich beruhen zu lassen. Er wurde zum eifrigen<br />
Voyeur. Auffallend <strong>ist</strong>, daß er immer Zeugen bei sich hatte. Am 11.<br />
Mai 1937 zog er den Gendarmerieme<strong>ist</strong>er Sch. hinzu. Paul und Irenes<br />
Liebesbeziehung wurde zu einem öffentlichen Dorfschauspiel. Die in<br />
<strong>der</strong> Anzeige geschil<strong>der</strong>ten Vorgänge sprechen <strong>für</strong> sich und beleuchten<br />
schlaglichtartig die ge<strong>ist</strong>ige Verfassung von sich sittlich und moralisch<br />
höherstehend dünkenden Bewohnern Golzows. Man kannte<br />
keine Skrupel, an Schlafzimmertüren zu lauschen, und erhaschte intime<br />
Details als Belastungsgründe anzuführen. /DOKUMENT 4/<br />
Auf Grund <strong>der</strong> erneuten Anzeige stellte das Amtsgericht Seelow am<br />
30. Juli 1937 den Haftbefehl gegen Paul B. aus. Eine Woche später<br />
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