Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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Geschlecht prägt also nicht nur individuelle Identitäten und zwischenmenschliche<br />
Interaktion, sondern beeinflusst auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische<br />
Strukturen auf allen Ebenen und hierarchisiert diese Ebenen. Es kann demnach von<br />
einer Omnipräsenz des Wirkungsfaktors „Geschlecht“ gesprochen werden. Gerade<br />
diese Omnipräsenz und die Auswirkungen auf die individuelle Selbstwahrnehmung,<br />
die soziale Stellung, der Lebensmöglichkeiten insgesamt, erschweren es, Geschlecht<br />
als Konstruktion zu durchschauen und als politische Veränderungspotential zu<br />
erkennen – oder anders formuliert: Es wird dadurch erleichtert, Geschlecht als<br />
naturgegeben und unveränderbar anzunehmen. Mit dem Wissen um die<br />
Geschlechterkonstruktionen allerdings ist diese Interpretation nicht mehr möglich:<br />
„Betrachtet man Geschlecht in dieser Radikalität als ein generatives Muster, das aus<br />
sozialen Abläufen heraus entsteht, diese reproduziert und darin eine der grundlegenden<br />
Differenzierungen der Gesellschaft bildet und legitimiert, so wird es möglich „Geschlecht“ als<br />
machtvolle ideologische Ressource zu begreifen – als ideologische Ressource, die<br />
Wahlmöglichkeiten und Grenzen herstellt, welche allein aufgrund einer bloßen sozialen<br />
Zuordnung zu einer (sozialen) Kategorie bestehen und keineswegs aufgrund einer wie auch<br />
immer unverrückbar gedachten Natur (...)“ (Gildemeister/ Wetterer, Zit. in: Knapp/ Wetterer<br />
1992: 237)<br />
Diese Erkenntnis kann demnach Grundlage und Voraussetzung für einen kreativen,<br />
spielerischen und transformatorischen Umgang mit Geschlecht,<br />
Geschlechterattributen und Zuschreibungen umzugehen. Wie schwierig und<br />
vielschichtig der Prozess der Anwendung dieses Wissen jedoch ist, zeigt Andrea<br />
Leitner am Beispiel einer kurzen Analyse der Hindernisse in politischen Institutionen<br />
und Organisationen.<br />
5.3. Die Schwierigkeit der Anwendung<br />
Wie schon zuvor erwähnt, sind auch politische Institutionen und Organisationen<br />
„vergeschlechtlicht“. Leitner beschreibt dies folgendermaßen:<br />
„ (Sie) reproduzieren geschlechtsspezifische Ungleichheiten, indem sie den Verlauf sozialer<br />
Interaktionsprozesse durch das Festlegen von Rahmenbedingungen beeinflussen. (...) Durch<br />
diese Wechselwirkung zwischen Individuum und Sozialem kommt den politischen<br />
Institutionen eine besondere Relevanz im sozialen Wandel zu. Sie können den