Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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Wirtschaftskrisen etc.). Auch das „soziale Beziehungsgeflecht“ wie Bothfeld es nennt,<br />
spielt eine wesentliche Rolle in den Entscheidungsprozessen von Politikerinnen.<br />
Wissen um bestimmte Problemfelder, und politische Interessen sind demnach<br />
„organisatorisch und analytisch nicht zu trennen“. (ebd) Strategien des „Agenda-<br />
Settings“, d.h. Aufmerksamkeit und Bewusstsein schaffen in der Bevölkerung für eine<br />
bestimmte Problemlage und die entsprechend angebotenen Problemlösungen,<br />
stehen häufig in enger Verbindung mit politischen Interessen bzw. in Abhängigkeit<br />
potentieller politischer Umsetzbarkeit. Wissenschaftliches Wissen kann in diesem<br />
komplexen Beziehungsgeflecht zu reiner Legitimationsbeschaffung für politische<br />
Interessen „verkommen“. Umgekehrt jedoch kann die Relativität des Wissens, die<br />
prinzipiell ständig vorhandene Widerlegbarkeit von Wissen auch zu<br />
Legitimitätsverlusten der politischen Akteur/innen führen. Einerseits vertrauen<br />
Politiker/innen und Bürger/innen dem „gesicherten Wissen“ der Wissenschaft<br />
andererseits erweist sich dasselbe Wissen immer wieder als unsicher.<br />
Wissenschaftliches Wissen ist demnach ebenso kontextgebunden, abhängig von den<br />
jeweiligen Fragestellungen der Akteur/innen wie politisches Wissen an der<br />
Schnittstelle zwischen Erkenntnis und Interesse. Weingart nennt dies die<br />
„relativistische bzw. konstruktivistischen Wende“ .“ (Weingart, Zit. in: Falk et al. 2006:<br />
39). Damit gehört auch diese Behauptung, wissenschaftliches Wissen würde<br />
Wahrheiten produzieren, der Vergangenheit an. Zusammenfassend gesprochen ist<br />
die Unsicherheit wissenschaftlichen Wissens, seine Kontextgebundenheit, die<br />
interpretative Flexibilität und nicht zuletzt das Wissen um Nichtwissen eine Quelle<br />
von Verunsicherung und neuen Ambivalenzen in der Kommunikation zwischen<br />
Politik und Wissenschaft. Wie kann dieser Verunsicherung in der Praxis der<br />
Politikberatung begegnet werden?<br />
10.2. Verschiedene Modelle der Politikberatung<br />
In der traditionellen Politikberatung gibt es mehrere Modelle mit unterschiedlichen<br />
Vorannahmen, was Form, Ziel und Bedeutung der Beratung anbelangt.<br />
Unterschieden werden hier technokratische, dezisionistische, pragmatistische und<br />
partizipatorische Modelle. Einige gelten als überholt, andere werden in Verbindung<br />
mit aktuellen Demokratietheorien in Verbindung gesetzt und weiter entwickelt.<br />
Technokratische und dezisionistische Politikmodelle gelten in vielen Bereichen der<br />
Politikberatung als überholt. Das technokratische Modell behauptet ein Primat der