Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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für sie getan werden sollte. Die „Spezies Mann“ steht nicht mehr im Kreuzfeuer der<br />
Kritik. Die Spezies „Parteikollege“ oder „Parlamentskollege“ scheinbar noch weniger.<br />
So als hätte Erfolg und Scheitern von Frauenpolitik oder frauenpolitischen<br />
Forderungen nichts mit den Männern zu tun. Vielleicht sollten im Nationalrat<br />
provokante, polemische Fragen gestellt werden. Vielleicht dieser Art: „ Meine Herren!<br />
Was haben Sie in den letzten Jahren konkret getan, um den Frauenanteil in den<br />
Ausschüssen zu erhöhen und ihren Parteikolleginnen die besseren Listenplätze zu<br />
verschaffen? Haben Sie heute schon Ihre Hausarbeit geleistet und sich um<br />
Betreuung und Erziehung Ihrer Kinder gekümmert? Wissen Sie schon, wie Sie die<br />
Pflege Ihrer alten Eltern mit Ihrem Beruf vereinbaren werden? Haben Sie bei Ihren<br />
männlichen Freunden und Kollegen in letzter Zeit Bewusstseinsarbeit geleistet?<br />
Betonen Sie, dass richtige Männer ihre Frauen nicht schlagen, sexistische Witze<br />
nicht lustig sind und beim Besuch einer Prostituierten darauf zu achten ist, ob sie<br />
unter menschenwürdigen, existenzsichernden Umständen arbeiten kann? Haben Sie<br />
über Ihr Männerbild heute schon nachgedacht? Was Sie zum Mann macht? Ob sie<br />
einer sind? Was die Konstruktion von Geschlecht bedeuten könnte? Wann haben Sie<br />
zuletzt ein Buch über Geschlechterforschung gelesen?“<br />
Die Reihe der Fragen lässt sich noch lange fortsetzen. Derartige Fragen zu stellen,<br />
könnte die gelangweilten (oder nicht anwesenden) Abgeordneten bei Diskussionen<br />
um Frauenthemen, Gender Mainstreaming oder Gender Budgeting ein wenig<br />
interessierter werden lassen und würde vermutlich heftige Diskussionen hervor rufen.<br />
Dringend notwendige Diskussionen. Derartiges überhaupt zu denken, könnte auch<br />
Teil einer feministischen Politikberatung sein. Anregung zur Widerständigkeit geben.<br />
Im neu-modernen „Gendersprech“ wird viel von Empowerment gesprochen.<br />
Ermächtigung. Politikerinnen zu ermutigen und zu ermächtigen, Machtstrukturen zu<br />
kritisieren. Sie auch darin zu bestärken, sich mit den eigenen Verstrickungen mit der<br />
(Männer-) Macht auseinander zu setzen. 2 Solange Politikerinnen loyaler zu ihren<br />
Parteikollegen stehen als zu ihren Parteikolleginnen, Männer immer berücksichtigen<br />
und „mitnehmen“ wollen, kommt Frauenpolitik nur als „...ein (sehr kleines, Anm. u.p.)<br />
Beet im Paradiesgarten Politik“ vor (Rosenberger 1991: 47) und wird nicht die<br />
2 Christina Thürmer-Rohr schreibt dazu: „...dass diese Welt, deren Unordnung und Ordnung wir<br />
anklagen, ohne die Mitwirkung der Frau als aktive und passive Würdigerin des Mannes nicht wäre wie<br />
sie ist; dass auch Frauen nicht wären, wie sie sind, wenn sie nicht den Hauptschub ihrer Kraft, Zeit<br />
und Fähigkeiten der Machtermächtigung des Mannes widmen würden.“ (Thürmer-Rohr 1989: 87)