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Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung

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männlichen Verdieners zu untermauern. Hausarbeit und Familienarbeit schaffen in dieser<br />

Denk- und Politikkonzeption keinen "Wert" und kommen folglich im System sozialer<br />

Sicherung als Anspruchsgründe für eigenständige Sozialleistungen nicht oder kaum in<br />

Frage; das System der sozialen Sicherheit setzt aber diese privaten Arbeiten von Frauen<br />

voraus. Pensionsansprüche, Leistungen im Krankheitsfalle, Mutterschutzleistungen etc.<br />

werden immer erst dann gewährt, wenn eine außerhäusliche Berufstätigkeit vorliegt bzw.<br />

vorlag. Nicht berufstätige Frauen kommen — mit Ausnahme der Sozialhilfe — nur als<br />

Angehörige von (berufstätigen) Männern, nämlich als Ehefrauen, als Witwen oder als<br />

Töchter in den Genuss von Sozialleistungen, nicht jedoch als Personen mit eigenständigen<br />

sozialen Sicherheitsansprüchen.“ (Rosenberger 1992: 33)<br />

Die Ausrichtung an „der männlichen Erwerbsbiographie“ (ebd) entwertet damit<br />

einerseits Reproduktionsarbeit, Kindererziehung und Pflegearbeit als „Nicht-Arbeit“ 33 ,<br />

andererseits werden Einkommensunterschiede durch das staatliche System nicht<br />

ausgeglichen, sondern im Gegenteil: Es wird Armut von Frauen produziert,<br />

fortgesetzt und verstärkt. Aus dieser Erkenntnis heraus formuliert Johanna Dohnal,<br />

erste österreichische Frauenministerin, die Forderung:<br />

"Um die Unabhängigkeit für Frauen zu gewährleisten, brauchen wir ein<br />

Sozialversicherungssystem, das vom Familienstand unabhängig ist, und wo für alle<br />

Menschen - für Männer und Frauen - ein eigener, grundlegender Pensionsanspruch<br />

besteht." 34<br />

Rosenberger konkretisiert in ihren Arbeiten die Ambivalenz des Staates:<br />

„Staatliche Politik soll einerseits weibliche Benachteiligung mindern bzw. aufheben und<br />

andererseits ist sie selbst Teil einer politischen Topographie, die auf der Basis von<br />

Geschlechterhierarchien funktioniert.“ (ebd)<br />

Der Staat ist damit Adressat für Forderungen nach Veränderung und zugleich<br />

Hindernis für die Umsetzung dieser Veränderungen.<br />

Was bedeutet es nun, Politikerin in einer von patriarchalen Strukturen geprägten<br />

Demokratie zu sein? Inwiefern sind emanzipatorische, feministische Veränderungen<br />

in einem patriarchal organisierten, politischen System überhaupt möglich? Ist es<br />

33 Hier zeigt sich die nachhaltige Wirkung des bürgerlichen Liebesideals.<br />

34 Johanna Dohnal, Podiumsdiskussion , 1. Dezember 1988, Institut für Wissenschaft und Kunst Wien.

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