Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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Forschung gegenüber der Politik, d.h. Forscher/innen und ihren Ergebnisse wird<br />
eher die Fähigkeit zugestanden, komplexe Probleme zu beschreiben, sie zu<br />
analysieren und Lösungen zu entwickeln, als Politiker/innen. Diese Vorrangstellung<br />
der Forschung, die noch in den 1960er und 70er Jahren vor allem in Bereichen neuer<br />
Technologien verstärkt zu beobachten war, ist mit der „konstruktivistischen Wende“<br />
der Wissenschaft in Frage gestellt. Die Behauptung eines Sachzwanges aus dem<br />
Bereich meist technisch-naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, der die politischen<br />
Entscheidungen vorgibt, hat an Glaubwürdigkeit verloren - wenngleich hier in den<br />
letzten Jahren immer wieder in den Argumentationen der Interessensvertreter<br />
dominanter Wirtschaftszweige eine „Renaissance der Sachzwanglogiken“ zu<br />
beobachten ist 68 . Das dezisionistische Modell geht von einer klaren Trennung der<br />
Bereiche Wissenschaft und Politik aus und bezieht sich auf die Idee der Wertfreiheit<br />
von Wissen:<br />
„Orientiert an Max Webers Wissenschaftsideal der Wertfreiheit geht man davon aus, dass<br />
nur den Politikern die Kompetenz zu Werturteilen zugesprochen wird, nicht jedoch den<br />
Wissenschaftlern, die nur dazu beitragen können, die jeweiligen Ziele effizient zu erreichen.“<br />
(ebd)<br />
Wissenschaft wird in dieser Konstellation „ (...) zum Dienstleistungsgewerbe einer<br />
wie auch immer gearteten Politik“ ( Lompe, Zit.in: Falk et al. 2006: 29). Neben der<br />
behaupteten Wertfreiheit von Wissen lässt sich jedoch auch die angenommenen<br />
Linearität in der Entstehung der Entscheidungen: „Problemwahrnehmung –<br />
Expertenrat – politische Entscheidung“ (ebd) nicht mehr aufrecht erhalten. Aus dieser<br />
Erkenntnis heraus entsteht schließlich das pragmatistische Modell. 69 In einer<br />
Wechselbeziehung, die ständig von beiden Seiten kritisch reflektiert wird, entsteht<br />
eine Kommunikationsform der Beratung von Wissenschafter/innen im Diskurs mit<br />
den Politiker/innen über ihre Praxis und deren Notwendigkeiten. Im Idealfall lernen<br />
beide voneinander und „lehren einander“ in einem langfristigen Austausch. Das<br />
partizipatorische Modell weist mit seiner großen Anbindungsfähigkeit an<br />
68 Verallgemeinernde Formulierungen wie „ Die Wirtschaft kann sich höhere Löhne nicht leisten.“,<br />
lassen „die Wirtschaft“ undefiniert und rufen die Assoziation hervor, einer unveränderbaren Situation<br />
gegenüber zu stehen.<br />
69 Vgl. Habermas 1963, Lompe 1966/1972