Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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12. Beantwortung der Forschungsfrage und Schluss<br />
Die eingangs formulierte These, Politikerinnen bräuchten dringend feministischwissenschaftliches<br />
Beratung kann derart allgemein formuliert nicht gehalten werden.<br />
Die Differenzierung der Begrifflichkeiten „Politik“, „Frauenpolitik“, „Feminismus“ und<br />
„Politikberatung“ im Zuge dieser Arbeit führen zu der Erkenntnis, dass die<br />
Vielschichtigkeit der Begriffe in der praktischen Umsetzung berücksichtigt werden<br />
muss. Ebenso wie die Vielfalt der politischen Akteurinnen in den Blick genommen<br />
werden sollte. Die feministische Politikberatung gibt es demnach nicht, ebenso wenig<br />
wie die Frauenpolitikerin existiert oder der Feminismus. Die Analyse der<br />
Frauenprogramme der jeweiligen Parteien und die Auswertung der Interviews mit<br />
den politischen Akteurinnen ergeben, dass feministisches Theoriewissen<br />
ansatzweise bei allen Politikerinnen vorhanden ist und einige feministische Ansätze<br />
mittlerweile Teil des politischen Mainstreams geworden sind. Politische Akteurinnen,<br />
die selbst in universitären Zusammenhängen verankert sind bzw. den Kontakt zu<br />
wissenschaftlichen Netzwerke pflegen, verfügen über fundierteres feministisches<br />
Wissen als jene deren Arbeitsbereich vor allem von der politischen Praxis mit der<br />
entsprechenden Funktionslogik geprägt ist. In einigen Programmen und Aussagen ist<br />
der aktuelle Stand der universitär-feministischen Debatte lediglich ansatzweise<br />
vorhanden, in anderen wiederum zentraler Bestandteil der politischen Analyse und<br />
Strategieentwicklung. Die Wissensstände bzw. der Grad an Informiertheit der<br />
jeweiligen politischen Akteurinnen variieren stark, auch innerhalb ein und derselben<br />
Partei. Diese Beobachtung bezieht sich sowohl auf das grundsätzliche Interesse als<br />
auch auf die Themenbereiche und Theorierichtungen. Bereitschaft, sich mit diesem<br />
Wissen zu beschäftigen und die Einschätzung, welche Wissensbereiche für die<br />
eigene politische Tätigkeit nutzbar gemacht werden könnte, sind unterschiedlich. Um<br />
beurteilen zu können, welcher aktuelle Diskurs politisch umsetzbar werden könnte,<br />
bedarf es des Wissens darum. In welcher Form die Vermittlung dieses Wissens statt<br />
finden kann und soll, darüber gibt es auf Seiten der Akteurinnen nur unklare<br />
Vorstellungen. Klare Definitionen von und Erfahrung mit Politikberatung existieren bei<br />
den Frauenpolitikerinnen nicht. Die Erklärung hierfür liegt in der spezifisch<br />
österreichischen Struktur des politischen Systems, welches trotz einiger<br />
Veränderungen und Akzeptanzverluste, nach wie vor auf Basis der Entscheidungen<br />
der sozialpartnerschaftlichen Gremien funktioniert und die Etablierung unabhängiger<br />
Politikberatung bisher nicht als notwendig erscheinen ließ bzw. eine