Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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Eine andere Interviewpartnerin unterscheidet klar zwischen Wissen und Entscheiden.<br />
Sie würde sich von einer Politikberatung erwarten<br />
90<br />
„ (...) dass sie voraus sind. Also sie sollen die Entscheidung nicht vorweg nehmen. Sie sollen<br />
die Entscheidung aufbereiten. Durch dieses Voraus-Sein. Das wäre schon ganz hilfreich.“<br />
(I3: 313-317)<br />
Durch die unklaren bzw. skeptischen Aussagen in Bezug auf den Begriff der<br />
Politikberatung wurde die Frage aufgeworfen: Warum haben österreichische<br />
Frauenpolitikerinnen kaum konkrete Vorstellungen von Politikberatung? Der folgende<br />
Exkurs erläutert dieses spezifisch österreichische Phänomen.<br />
Exkurs: Politikberatung auf österreichisch<br />
„Politikberatung (ist) in ihrer vielfältigen methodischen, theoretisch-konzeptionellen und<br />
institutionellen Ausprägung ein wesentliches Element des politischen<br />
>Problemverarbeitungsprozesses< in funktional differenzierten Gesellschaften, in denen<br />
Wissen eine elementare Voraussetzung für Steuerungsfähigkeit zukommt.“ (Abels/ Leitner,<br />
Zit. in: Femina Politica, 2/1997: 39-45)<br />
(Noch) nicht in Österreich. Das spezifisch österreichische System der<br />
Sozialpartnerschaft hat die Entwicklung eines freien und relativ unabhängigen<br />
Marktes für Politikberatung bisher verhindert. Auch wenn durch den Beitritt<br />
Österreichs zur Europäischen Union 1995 ein gewisser Kompetenzverlust 80 der<br />
sozialpartnerschaftlichen Gremien eingetreten ist, sich einige der traditionellen<br />
Sozialpartner (Gewerkschaften und Kammern) in der einen oder anderen<br />
Legitimationskrise 81 befinden und unter Mitgliederschwund leiden, fallen die<br />
wesentlichen Entscheidungen nach wie vor in den Beiräten und Institutionen dieser<br />
Organisationen: Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Österreichischer<br />
Gewerkschaftsbund und Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer. In<br />
diesen Gremien ist entsprechend der Zahlen aus den 1990er Jahren eine eklatante<br />
Unterrepräsentation von Frauen festzustellen 82 : Zwischen 1986 und 1990 waren in<br />
80 Vgl. Lederer/ Neugschwandtner, Zit. in: Rehfeld et al. 2006<br />
81 Vgl. ebd.<br />
82 Die Situation dürfte sich nicht wesentlich gebessert haben.