Feministischer Wissenstransfer - Verband Wiener Volksbildung
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Funktioniert dieser Wissensaustausch noch? Wissen die aktuellen politischen<br />
Akteurinnen und Praktikerinnen von den neuesten Erkenntnissen der mittlerweile mit<br />
eigenen Instituten und Lehrgängen etablierten feministischen Forschung? Mein<br />
Eindruck in meinen verschiedenen Arbeitsfeldern war: Nein, sie wissen nicht. Mein<br />
nächster Gedanke dazu war: Neue, andere Formen der Wissensvermittlung müssen<br />
geschaffen werden. Während der Recherchen zu dieser Arbeit habe ich die<br />
umgekehrte Frage gestellt: Wissen die feministischen Wissenschafterinnen von den<br />
Realitäten der politischen Akteurinnen? Welches Wissen brauchen<br />
Wissenschafterinnen von den politischen Akteurinnen, um die richtigen Fragen in<br />
ihren Forschungen stellen zu können? Meine Überzeugung, dass dieser Austausch<br />
nur auf Augenhöhe in gegenseitiger Anerkennung des unterschiedlichen Wissens<br />
Früchte tragen kann, bildet den Hintergrund dieser Arbeit. Politische Akteurinnen<br />
brauchen feministische Theorien, um nicht in die eigenen, ständig mit neuem<br />
Gewand verkleideten, alten Fallen zu tappen. Feministische Wissenschafterinnen<br />
brauchen die Praktikerinnen, um die wichtigen, aktuellen Themen außerhalb ihrer<br />
homogenen Community aufgreifen zu können und um ihre Theorien an der Praxis zu<br />
messen. Es gibt das feministische Wissen nicht. Ebenso wenig wie es das Wissen<br />
um die richtige Frauen- oder Geschlechterpolitik gibt. Aber es gibt die Möglichkeit der<br />
Annäherung und des Austauschs. Und nicht zuletzt der Versuch der Vermittlung<br />
zwischen zwei Kulturen.<br />
Für mich als Praktikerin, als Kunst- und Kulturvermittlerin, als feministische<br />
Stadtführerin und Vortragende, Workshop- und Seminarleiterin ist dieser Anspruch<br />
der wechselseitigen Fragestellungen und des damit verbundenen Austausches Teil<br />
meiner Arbeits- und Berufsethik. Wissensinhalte werden nur dann zu Erkenntnis und<br />
können Veränderungen im Denken und Handeln hervorrufen, wenn es an schon<br />
vorhandenes, persönlich - emotionales Alltags- und Erfahrungswissen und/oder<br />
schon erworbenes Fakten- und inhaltliches Wissen – sei es wissenschaftlich oder<br />
nicht – anknüpfen kann. Wenn es etwas mit den Personen zu tun hat und wenn ihr<br />
eigenes Wissen Anerkennung und Wertschätzung erfährt. Wenn Fragen stellen nicht<br />
dazu führt, als „Nicht-Wissende“ entlarvt und bloß gestellt zu werden. Meinem<br />
Publikum das Vertrauen geben, Fragen stellen zu können und die Sicherheit, dass<br />
alle Fragen willkommen sind, dass ihr Wissen gleich – wert mit meinem<br />
Spezialwissen ist, ist ein weiterer Bestandteil meiner Arbeitsweise. Im daraus<br />
entstandenen Austausch habe auch ich viele Fragen gestellt und viel gelernt. Von<br />
den Teilnehmer/innen meiner Frauenstadtspaziergänge, den Feministinnen aus der