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und Landfahrertums in der Schweiz. Dissertation, Zürich 1944. - sifaz

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137<br />

«Sicherungsbedürfnis das Vergeltungsbedürfnis <strong>in</strong> hohem Maße<br />

überragt.» Das «Vergeltungsbedürfnis» sei <strong>in</strong> diesen Fällen von<br />

ger<strong>in</strong>ger Stärke <strong>und</strong> könne deshalb unberücksichtigt bleiben: «es<br />

werde praktisch durch den Freiheitsentzug bet riedigt.06 Es ist<br />

hier nicht <strong>der</strong> Platz, e<strong>in</strong>e Polemik gegen die Verfechter <strong>der</strong> Vergeltungsstrafe<br />

e<strong>in</strong>zuleiten, son<strong>der</strong>n lediglich zu betonen, daß mit<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Besserungsanstalt <strong>der</strong> Gedanke <strong>der</strong> Vergeltung<br />

nicht verb<strong>und</strong>en se<strong>in</strong> darf»<br />

Sowohl diese ausländischen Beispiele als auch die Entwicklung<br />

des kantonal-schweizerischen Rechts beweisen, daß sich<br />

fast überall die Ansicht durchgerungen hat, daß es sich bei <strong>der</strong><br />

Landstreicherei nicht um e<strong>in</strong> Delikt im strafrechtlichen S<strong>in</strong>ne,<br />

son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong> krankhaftes menschliches Verhalten handle,<br />

gegen welches nicht durch den Strafrichter, son<strong>der</strong>n durch die<br />

Fürsorgebehörden Maßnahmen zu ergreifen seien.<br />

Untersucht man das «Delikt» an sich <strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>e Tatbestandsmerkmale,<br />

so ergibt sich, daß es se<strong>in</strong>er Natur nach sich<br />

nicht um e<strong>in</strong>e abgegrenzte, deliktische Handlung o<strong>der</strong> Unterlassung<br />

handelt (u. E. aber auch nicht um e<strong>in</strong> sog. Dauer- o<strong>der</strong><br />

Zustandsdelikt, wie Bertsch's annimmt), son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong> gesellschaftswidriges<br />

o<strong>der</strong>, um <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Term<strong>in</strong>ologie zu<br />

sprechen, um e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>schädliches Verhalten."<br />

Die E<strong>in</strong>ordnung <strong>der</strong> Landstreicherei unter die Übertretungen<br />

hat nur polizeilichen Wert im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Ordnungsvorschrift.2°<br />

Um an die wirklichen, nämlich psychischen, erbbiologi-<br />

16 Baumgartner: a. a. O. S. 207 <strong>und</strong> dort zitierte Literatur.<br />

17 Außerdem — so <strong>in</strong>teressant <strong>der</strong> Ersatz <strong>der</strong> Strafe durch sichernde<br />

<strong>und</strong> bessernde Maßnahmen im heutigen deutschen Recht <strong>in</strong> bezug auf diese<br />

Materie ist, so lobenswert <strong>und</strong> nachahmenswiirdig die Wan<strong>der</strong>höfe mit<br />

ihrem Heimcharakter s<strong>in</strong>d, so kann man sich doch e<strong>in</strong>es leisen Fröstelns<br />

kaum erwehren, wenn man bedenkt, daß die ganze Anstrengung viel weniger<br />

zum Wohl dieser von <strong>der</strong> Gesellschaft e<strong>in</strong>stmals <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Beziehung ausgestoßenen<br />

Menschen geschieht, als deshalb, um «das Abfallprodukt <strong>der</strong> B<strong>in</strong>nenwan<strong>der</strong>ung»<br />

(K. Blaum <strong>in</strong> «Der Nichtseßhafte Mensch», S. 63) zum «geballten<br />

Massene<strong>in</strong>satz» von Arbeitsfähigen für den Aufbau Großdeutschlands<br />

zu verwenden (Standartenfiihrer Aldrich Seidler <strong>in</strong> «Der Nichtseßhaf te<br />

Mensch», S. 452).<br />

18 Bertsch: «Ober Landstreicher <strong>und</strong> Bettel». Diss. Tüb<strong>in</strong>gen S. 39.<br />

19 Derselben Ansicht auch Zürcher Prot. II Exp.Komm. Bd. VII. S. 172,<br />

ohne allerd<strong>in</strong>gs die letzten Konsequenzen zu ziehen.<br />

Vergl. auch Roesner <strong>in</strong> Handwörterbuch d. Krim<strong>in</strong>ologie. Bd. 2, S.114.

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