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und Landfahrertums in der Schweiz. Dissertation, Zürich 1944. - sifaz

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Psychologische Untersuchungens scheiden die Insassen solcher<br />

Arbeiterkolonien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e aktive Ober- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e passive<br />

Unterschicht. Die erstere umfaßt alle diejenigen, welche <strong>in</strong>folge<br />

äußerer Not die Kolonie aufsuchen <strong>und</strong> ihre Hilfe <strong>in</strong> Anspruch<br />

nehmen. Es s<strong>in</strong>d jedoch aktive Naturen, die lediglich <strong>in</strong> ihrem<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Fortkommen beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t s<strong>in</strong>d, sonst<br />

aber e<strong>in</strong>en starken <strong>in</strong>neren Lebenswillen besitzen. Die passive<br />

Unterschicht jedoch — <strong>und</strong> diese ist <strong>in</strong> unseren Arbeiterkolonien<br />

häufiger als die erstere — zeichnet sich durch <strong>in</strong>nere<br />

Haltlosigkeit <strong>und</strong> durch weitgehende Willensschwäche aus. In<br />

Zeiten andauern<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> unproduktiver Arbeitslosenfürsorge<br />

erhält die Unterschicht dauernden Zuzug von oben.<br />

In diesen Kolonien wird zur Hauptsache Landwirtschaft<br />

ohne masch<strong>in</strong>elle Hilfsmittel betrieben. Gerade die arbeitsscheuen<br />

Elemente sollen durch e<strong>in</strong> natürliches <strong>und</strong> handfestes<br />

Zugreifen selbst wie<strong>der</strong> die segensbr<strong>in</strong>gende Frucht tüchtiger<br />

Arbeit verspüren. Als oberster Gr<strong>und</strong>satz gilt: Zuerst <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>und</strong> dann die Wirtschaft. Man wird bei den Arbeiterkolonien<br />

immer mit Defiziten zu rechnen haben, da <strong>der</strong> Arbeitsleistung<br />

e<strong>in</strong>es normalen landwirtschaftlichen Arbeiters diejenige<br />

von vier Kolonisten entspricht. Welche Entlastung aber <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

für die Heimatgeme<strong>in</strong>den die Arbeiterkolonien bilden,<br />

geht deutlich aus <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Arbeiterkolonie Murimoos<br />

hervor: Wie kaum e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Kanton litt <strong>der</strong> Aargau<br />

unter <strong>der</strong> unseligen Praxis <strong>der</strong> Heimschaffung Nichtseßhafter<br />

aus an<strong>der</strong>en Kantonen. Viele Geme<strong>in</strong>den wußten nicht mehr, wie<br />

sie diese Leute beschäftigen sollten. Man dachte zuerst an die<br />

Verwahrung, doch scheute man sich mit Recht davor: Die e<strong>in</strong>zig<br />

menschenwürdige Lösung war endlich die Rückkehr zur<br />

alten <strong>und</strong> bewährten Arbeiterkolonie.<br />

Etwa zehn bis fünfzehn Jahre nach <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> ersten<br />

schweizerischen Arbeiterkolonien zeigte auch <strong>der</strong> B<strong>und</strong> auf<br />

Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Gutachtens von Nationalrat Hoffmann aus dem<br />

Jahre 1906 se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>verständnis, das Fürsorgewerk zu unterstützen.<br />

Daraufh<strong>in</strong> bewilligten die eidgenössischen Räte den<br />

Arbeiterkolonien e<strong>in</strong>malige Gründungs- <strong>und</strong> Erweiterungsbei-<br />

8 Vergl. dazu <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Ergebnisse e<strong>in</strong>er von Troschke <strong>in</strong><br />

Deutschland durchgeführten Untersuchung <strong>in</strong> «Soziale Praxis», Jahrgang<br />

1925, No. 22.

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