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und Landfahrertums in der Schweiz. Dissertation, Zürich 1944. - sifaz

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schen <strong>und</strong> exogenen wirtschaftlichen Ursachen zu rühren, bedarf<br />

es wesentlich e<strong>in</strong>schneiden<strong>der</strong>er <strong>und</strong> umfassen<strong>der</strong>er Maßnahmen.<br />

Wenn es sich hier u. E. nicht um e<strong>in</strong> krim<strong>in</strong>elles, antisoziales'<br />

Verhalten handelt, so geht es doch um mehr als um e<strong>in</strong> bloßes<br />

Zuwi<strong>der</strong>handeln gegen polizeiliche Ordnungsvorschriften o<strong>der</strong><br />

um Bagatellstraf recht, da <strong>der</strong> Landstreicher für die Gesellschaft<br />

wegen se<strong>in</strong>er Unstetigkeit <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Verwahrlosung gefährlich<br />

werden kann. (Es handelt sich aber auch nicht um e<strong>in</strong> sog. Gefährdungsdelikt,<br />

weil er nicht irgende<strong>in</strong>e Handlung unternimmt,<br />

welche e<strong>in</strong>e Gefahr für die Öffentlichkeit auslösen kann, son<strong>der</strong>n<br />

weil die Gefährlichkeit im «Täter» selbst liegt.)<br />

Betrachten wir die e<strong>in</strong>zelnen Tatbestandsmerkmale: Die<br />

Arbeitsscheu ist <strong>in</strong> den meisten Fällen nicht als Faulheit zu bewerten,<br />

nicht e<strong>in</strong> «Nichtwollen, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Nichtkönnen», nicht<br />

als e<strong>in</strong>e bösartige Charaktereigenschaft, son<strong>der</strong>n als e<strong>in</strong>e Lebensform,<br />

<strong>der</strong>en Eigenart durch e<strong>in</strong>e psychische Störung bed<strong>in</strong>gt<br />

ist." Beim Wan<strong>der</strong>trieb, welcher den Landstreicher vom seßhaften<br />

Arbeitsscheuen unterscheidet, trifft dies noch <strong>in</strong> ver-<br />

21 Vom Standpunkt <strong>der</strong> soziologischen Schule aus gesehen, ist es<br />

müßig, e<strong>in</strong>en Unterschied zwischen «asozial» <strong>und</strong> «antisozial» zu machen.<br />

Jedes verbrecherische Verhalten ist eigentlich auf den Bruch <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dung<br />

zwischen Individuum <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zurückzuführen o<strong>der</strong> auf endogene<br />

psychische Verän<strong>der</strong>ungen. Darüber Elliott and Merrill als Exponenten <strong>der</strong><br />

amerikanischen soziologischen Schule: a. a. O. S. 41: «Most people are accustomed<br />

to th<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g of personal disorganization (worunter Krim<strong>in</strong>alität,<br />

Vagantität, Geisteskrankheiten u. a. m. verstanden wird) <strong>in</strong> terms of solely<br />

abnormal, perverse or maladjusted <strong>in</strong>dividuals. Actually such <strong>in</strong>dividuals<br />

are an <strong>in</strong>dex to the processes of the disorganization <strong>in</strong> a larger group. For<br />

a variety of reasons, <strong>in</strong>dividuals who offend the mores cannot adjust themselves<br />

to the demands of the group». a. a. 0. S. 13: «In the distant future,<br />

crime may be viewed <strong>in</strong> impersonal terms as the natural result of certa<strong>in</strong><br />

social forces and not as an evidence of deliberate moral depravity.» — In<br />

diesem S<strong>in</strong>ne können wir <strong>in</strong> bezug auf die Vagantität von e<strong>in</strong>em Abbau des<br />

Strafrechts im eigentlichen S<strong>in</strong>ne sprechen. Ob wohl später e<strong>in</strong>mal die<br />

übrigen Vergehen <strong>und</strong> Verbrechen ebenfalls als «natural result of certa<strong>in</strong><br />

social forces» betrachtet werden? Während man im alten Strafrecht <strong>der</strong><br />

früheren Jahrh<strong>und</strong>erte die Vergeltung <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie nach dem geschädigten<br />

Rechtsobjekt bemaß, studiert man heute jedoch mehr das an<strong>der</strong>e «Opfer»,<br />

nämlich den Täter, welcher aus ganz bestimmten <strong>in</strong>neren psychischen <strong>und</strong><br />

äußeren sozialen E<strong>in</strong>wirkungen zum Verbrecher geworden ist.<br />

22 Gruhle: Handw.buch <strong>der</strong> Krim<strong>in</strong>ologie, Bd. 1. S. 51 ff.

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