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Pädagogisch-didaktische Überlegungen - Erwachsenenbildung.at

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<strong>Pädagogisch</strong>-<strong>didaktische</strong> <strong>Überlegungen</strong><br />

te: Das Risiko für einen türkischsprachigen, männlichen Jugendlichen, die Sekundarstufe II nicht zu beenden,<br />

ist rund fünfmal höher als für einen männlichen deutschsprachigen Jugendlichen.<br />

Das deckt sich in etwa mit den Ergebnissen einer Studie des IHS aus dem Jahr 2007, wonach das Dropout-Risiko<br />

von Personen ohne EU-Sta<strong>at</strong>sbürgerschaft viermal so hoch ist wie von Österreicher_innen, von<br />

Jugendlichen der 2. und 3. Gener<strong>at</strong>ion doppelt so hoch wie jenes von Jugendlichen mit deutscher Erstsprache.<br />

Kinder aus bildungsbenachteiligten Schichten haben ein fünfmal höheres Risiko für einen frühen<br />

Bildungsabbruch als Kinder von bildungsetablierten Eltern.<br />

Diese sogenannten „Dropouts“ oder „Early School Leavers“ stellen für die bildungspolitischen Ziele der<br />

„Chancengleichheit“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ eine besondere Herausforderung dar und bilden daher<br />

eine zentrale Zielgruppe bildungspolitischer Maßnahmen, zu denen auch der neue Pflichtschulabschluss<br />

gehört.<br />

2.4.2. Ursachen der (Bildungs-)Ungleichheit<br />

Die Frage der Ursachen und des Umgangs mit (Bildungs-)Ungleichheit und Differenz gehört zu den wichtigsten<br />

Themen politischer Auseinandersetzung und sozial- wie bildungstheoretischer Reflexion der Gegenwart.<br />

Dementsprechend unterschiedlich fallen die Antworten aus – Einigkeit scheint hauptsächlich<br />

darüber zu herrschen, dass sie komplexer N<strong>at</strong>ur sind. In Bezug auf Migr<strong>at</strong>ionsandere formulieren Mecheril<br />

et al.:<br />

„Nicht eine einzige Ursache, sondern die Wirkung unterschiedlicher Aspekte führt letztlich zur<br />

Schlechterstellung. Schlechterstellung kann als Wirkung einer komplexen Kette und Aufschichtungen<br />

von Ereignissen sowie ihrer Interpret<strong>at</strong>ion verstanden werden. Dies macht nicht nur Verantwortungszuweisungen<br />

schwierig, sondern erklärt auch, warum in Bezug auf die Schlechterstellung<br />

Migr<strong>at</strong>ionsanderer nicht mit einfachen Problemlösungen zu rechnen ist.“56<br />

Einigkeit herrscht auch weitgehend darüber, dass institutionelle Barrieren in Form der hierarchischen gestuften<br />

Mehrgliedrigkeit des österreichischen Schulsystems Chancengerechtigkeit verhindert: „Die frühe<br />

Verteilung der Schüler auf Schulen mit ungleichen Lernmilieus spreizt nicht nur die soziale Kluft in der<br />

Leistungsentwicklung, sondern sie begünstigt auch die bereits erwähnten schichttypischen Unterschiede<br />

in den Bildungsentscheidungen.“57<br />

Als wichtiger Faktoren der Schlechterstellung Migr<strong>at</strong>ionsanderer und Kindern aus der Arbeiter_innenklasse<br />

gilt in kritischen pädagogischen Theorien die monolinguale und monokulturelle Praxis der Schulen,<br />

auf die u.a. Gogolin (1994), Prengel (1995) oder Mecheril et al. (2010) hingewiesen haben: „Die höchst<br />

unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Lebensumstände in den faktisch multikulturellen und vielsprachigen<br />

westeuropäischen Gesellschaften scheinen für die Schule unsichtbar zu sein, da sie sich auf den<br />

Mythos von sprachlich und kulturell unifizierten N<strong>at</strong>ional sta<strong>at</strong>en stützt.“58 Prengel formuliert: „Schule ist<br />

nach wie vor eine ‚monokulturelle‘ Mittelschicht einrichtung, in der die Mehrheit der Kinder ihre (sub-)kulturellen<br />

Erfahrungen und Haltungen verlernen müssen, wenn sie erfolgreich sein wollen.“59<br />

56 Mecheril et al. 2010, S. 123<br />

57 Geißler 2012, S. 200<br />

58 Gogolin/Kroon 2000, S. 10<br />

59 Prengel 1995, S. 25<br />

Handreichung zum Pflichtschulabschluss<br />

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